Die Malaise von Stellantis nimmt kein Ende. Am Montag veröffentlichte der italienisch-französische Autohersteller vorläufige Finanzzahlen für das erste Halbjahr, die das Ausmaß seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten verdeutlichen.
Der Mutterkonzern von Opel und 13 anderen Marken hat sich von der Gewinnzone demnach weit entfernt. Unterm Strich beläuft sich der Nettoverlust auf 2,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum war Stellantis mit einem Nettogewinn von 5,6 Milliarden Euro noch hochprofitabel. Auch im zweiten Halbjahr 2024, als die Problemkaskade ihren Anfang nahm, war der Nettoverlust mit 127 Millionen Euro noch überschaubar.
Stellantis leidet immer noch unter den Folgen einer verfehlten Preis- und Produktpolitik auf dem US-Markt, wo der Konzern mit seinen Marken Jeep, Dodge, RAM und Chrysler in der Vergangenheit besonders hohe Gewinne erzielte. Hinzu kommen die Handelskonflikte. Stellantis treffen die höheren Einfuhrzölle in die USA besonders stark, da der Konzern nach Analystenschätzungen mehr als 40 Prozent seiner dort verkauften Autos in Mexiko und Kanada fertigt.

Auch in Europa liefen die Geschäfte zuletzt alles andere als rosig – der 2021 aus der Fusion von FCA (Fiat-Chrysler) und PSA (Peugeot-Citroën-Opel) entstandene Konzern hat Marktanteile verloren. Als Gründe gelten Lücken im Modellangebot, Qualitätsmängel und ein übertriebener Fokus auf Elektrofahrzeuge.
Die Geschäftsführung, an deren Spitze seit Kurzem der Italiener Antonio Filosa steht, nannte am Montag vier Faktoren, die „einen wesentlichen Einfluss“ auf den Milliardenverlust im ersten Halbjahr gehabt hätten. Erstens seien da „Maßnahmen zur Verbesserung von Performance und Rentabilität“, also Investitionen, um den Konzern nach der extremen Sparpolitik von Filosas Vorgänger Carlos Tavares wieder auf Vordermann zu bringen.
Zweitens gebe es etwa 3,3 Milliarden Euro an Nettoaufwand vor Steuern, drittens negative Auswirkungen auf die Marge, unter anderem durch höhere „Industriekosten“ sowie Wechselkursänderungen. Schließlich machten sich viertens die ersten Auswirkungen der US-Zölle, deren Volumen sich auf 300 Millionen Euro belaufen habe, bemerkbar.
Die Kurve zeigt weiter nach unten
Die Börse strafte Stellantis für die schlechten Zahlen ab, zum Handelsstart notierte der Aktienkurs rund drei Prozent im Minus. Die Talfahrt setzt sich damit fort. Der Börsenwert ist auf weniger als 23 Milliarden Euro geschrumpft, nachdem er im ersten Halbjahr 2024 noch mehr als 80 Milliarden Euro betragen und Wettbewerber Volkswagen überflügelt hatte.
Die anhaltende Talfahrt erklärt sich auch damit, dass keine wirkliche Trendwende in Sicht ist. Zwar betonte die Geschäftsführung am Montag, dass neue Produkte voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2025 „größere Vorteile bringen werden“. Auch ist der Nettoaufwand vor Steuern von etwa 3,3 Milliarden Euro unter anderem auf Kosten für Programmstornierungen und Restrukturierungen zurückzuführen, die zumindest in dieser Höhe temporär sein dürften.
Was den Absatz angeht, zeigte die Kurve für Stellantis aber bis zuletzt nach unten. Den konsolidierten Absatz für den Zeitraum April bis Juni schätzte der Konzern am Montag auf 1,4 Millionen Einheiten. Das sind sechs Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum – und „spiegelt die vorübergehenden Produktionsstillstände zu Beginn des Quartals als Reaktion auf die neuen Zölle in Nordamerika wider“, so Stellantis.
Hinzu kommen die „abgeschwächten, aber weiterhin negativen Auswirkungen der Umstellung des Produktangebots in Europa, wo mehrere wichtige Modelle entweder nach ihrer kürzlichen Markteinführung noch in der Hochlaufphase sind oder deren Markteinführung für die zweite Hälfte des Jahres 2025 geplant ist“.
In Nordamerika gingen die Auslieferungen im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent und somit überdurchschnittlich weit zurück. In Europa betrug das Minus sechs Prozent. In anderen Regionen, wie dem Nahen Osten und Afrika, konnte Stellantis zweistellige Wachstumsraten erzielen, volumenmäßig fallen sie für den Gesamtkonzern aber kaum ins Gewicht.
Florian Huettl, Chef von Opel und Stellantis Deutschland, zeigt sich zumindest hinsichtlich der Elektromobilität in Deutschland zuversichtlich. „Deutschland ist wieder mit Abstand der größte Elektromarkt in Europa“, sagte er gerade im Gespräch mit der F.A.Z. Es gebe „ganz klar Bewegung auf der Nachfrageseite“. Er gehe davon aus, dass Opel dieses Jahr mehr als die Hälfte aller Fahrzeuge vollelektrisch oder elektrifiziert verkauft, so Huettl.