Trotz massiver Zwischenrufe und Lärm entschied sich die ARD, das “Sommerinterview” mit Alice Weidel nicht abzubrechen. Eine Entscheidung, die Diskussionen auslöst.
Auch am Tag danach herrscht Aufregung. Während des ARD-“Sommerinterviews” mit AfD-Chefin Alice Weidel kam es am Reichstag in Berlin zu einer lautstarken Störaktion, sodass das Fernsehgespräch zeitweise kaum zu verstehen war – und sowohl innerhalb des Senders als auch in der AfD ist die Stimmung am Montagmorgen angespannt.
Moderator Markus Preiß erklärte bereits im Anschluss in der “Tagesschau”, dass er sich noch während der aufkommenden Geräusche direkt mit Alice Weidel über das weitere Verfahren beraten habe. Dies sei abseits der Liveübertragung möglich gewesen, weil die ARD während der Sendung einen Film einspielte. Wie Preiß sagte, sei man sich schließlich einig gewesen: “Wir setzen das Interview fort.”
Eine Darstellung, die die AfD am Montag auf Anfrage von t-online bestätigt. “Es ist richtig, dass Herr Preiß und Frau Weidel sich in einer kurzen Einspielerpause darauf verständigt haben, das Interview fortzusetzen. Im Hinblick darauf, dass das Interview live gestreamt wurde, hätte ein Abbruch auch als Kapitulation vor den Störern gewirkt”, ließ Alice Weidels Sprecher Daniel Tapp mitteilen.
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Dass die Aufzeichnung nicht unterbrochen wurde, löst im Anschluss dennoch viele Diskussionen aus. In sozialen Netzwerken wirft ein Teil des Publikums dem Sender vor, das Gespräch trotz unzumutbarer Bedingungen nicht ins Studio verlegt zu haben. Kritiker aus dem AfD-Umfeld beschuldigen die ARD, keine gleichen Bedingungen für alle Parteien zu gewährleisten.
Sogar weitreichendere Forderungen kommen inzwischen aus der Partei. “In einer solchen Situation hätte die ARD für ein faires, ungestörtes Interview ins Studio ausweichen müssen”, sagt der AfD-Vizefraktionschef im Bundestag, Markus Frohnmaier, dem Nachrichtenportal “Politico” am Montag. “Ich erwarte, dass das Gespräch unter fairen Bedingungen wiederholt wird.”
Auf der Gegenseite wird das Festhalten am Interview als nachteilig für den öffentlich-rechtlichen Anspruch gewertet – manche nennen es sogar “Werbung für die AfD”. Dies trage dazu bei, dass sich die Partei als Opfer inszenieren könne.
Die ARD hat bereits angekündigt, den Vorfall auszuwerten. Eine Sprecherin teilte der Deutschen Presse-Agentur noch am Sonntag mit, man wolle künftig entsprechende Vorkehrungen treffen: “Ein ungestörter Ablauf der Interviews ist in unserem Interesse.” Ein umfassender Fragenkatalog, den t-online den Verantwortlichen aus dem ARD-Hauptstadtbüro vorgelegt hat, bleibt bislang unbeantwortet.
Dass die Situation ungewöhnlich war und die Wirkung verheerend sein könnte, daran besteht inzwischen kein Zweifel mehr. Markus Preiß nannte die Gesprächssituation “ein Interview unter Extrembedingungen”. Der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios betonte zwar, dass Störungen im öffentlichen Raum grundsätzlich nicht ungewöhnlich und Protest legitim sei, es sich hier aber um eine gezielte Störaktion ohne vorherige Anmeldung gehandelt habe.

Dutzende Personen hatten sich am gegenüberliegenden Ufer der Spree positioniert. Dort störten sie das Gespräch mit Trillerpfeifen, Lautsprecherdurchsagen und Musik. Zu hören war unter anderem ein satirisches Lied mit einem “Scheiß AfD”-Chor. Auch lautstarke Sprechchöre waren Teil der Protestaktion.
Markus Preiß sagte dazu in der “Tagesschau” um 20 Uhr: “Normalerweise werden Demos angemeldet. Und diese war es nicht.” Es sei bedauerlich, dass kritische Fragen “buchstäblich dem Lärm zum Opfer gefallen sind”, so der 47-Jährige. Außerdem lobte er im Nachgang die Gesprächsbereitschaft der AfD-Politikerin angesichts der Umstände: “Ich muss sagen: Auch von Alice Weidel war das schon sportlich angesichts der Lautstärke.”