Kamiya wirbt mit Obergrenze für Ausländer

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Der große Gewinner der Oberhauswahlen in Japan heißt Sohei Kamiya. Gerade einmal fünf Jahre ist es her, dass der ehemalige Supermarkt-Leiter und Internet-Aktivist seine Partei Sanseito während einer Youtube-Übertragung gründete. Mit seiner „Japan First“-Kampagne, die sich vor allem gegen Ausländer richtete, konnte die Partei in den Wahlen 14 Sitze in der zweiten Parlamentskammer erlangen. Viele Mandate machte sie der Liberaldemokratischen Partei (LDP) abspenstig, die nach fast 70 Jahren durchgehender Regierung in Japan abermals eine schwere Wahlschlappe einstecken musste.

In Japan vergleichen viele Kommentatoren den schnellen Aufstieg der Rechtsaußenpartei mit jenem der AfD in Deutschland oder auch der MAGA-Bewegung um Donald Trump in den Vereinigten Staaten. Auch Kamiya greift die Enttäuschung der Wähler über die etablierten Parteien auf und schiebt viele Probleme des Landes auf die angeblich überhand nehmenden Ausländer. Die Basis seiner Anhängerschaft hat er nach eigenen Worten „im Internet an­gesammelt“, wo er auf verschiedenen Plattformen Beiträge postet mit Titeln wie „War Hitler wirklich ein großes Übel?“ und „Hinter den Kulissen der Weltregierung“.

Die Partei Sanseito gründete der 1977 in einem Fischernest nördlich von Kyoto geborene Kamiya im Jahr 2020 aus Protest gegen die staatlichen Corona-Einschränkungen und die angeblich schädlichen Impfungen. Im Wahlkampf für die Oberhauswahlen versprach er nun Obergrenzen von Ausländern für jede Stadt und jeden Ort und warnte vor einer „stillen Invasion“. Auch sonst gefallen Kamiya radikale Thesen. So spricht er sich gegen eine Förderung von Frauen im Berufsleben aus, weil diese doch lieber Kinder bekommen und zu Hause erziehen sollten. Zudem hat er vorgeschlagen, dass unheilbar kranke Patienten alle medizinischen Kosten für ihre lebensverlängernden Behandlungen selbst tragen sollten. So punktet Sanseito vor allem bei jungen Männern. In einer Umfrage des Fernsehsenders Nippon TV vom Wahltag stimmten knapp sieben Prozent der Wähler zwischen 18 und 29 für Sanseito. Bei den Wählern über 60 kommt die Partei auf Zustimmungswerte von unter drei Prozent.

Schuldsuche bei den Ausländern

Kurz vor der Wahl hatte ein Interview für Aufsehen gesorgt, das die russische Nachrichtenplattform Sputnik mit der Sanseito-Kandidatin aus Tokio veröffentlichte, die sich nur Saya nennt. Darin betonte sie ausführlich die Notwendigkeit, japanische Traditionen hochzuhalten. Sputnik gilt als Propaganda-Plattform von Moskau, und rasch kamen Spekulationen auf, Russland wolle über Sanseito Einfluss auf die japanische Politik nehmen. Parteigründer Kamiya wies das zurück. Die Kandidatin Saya landete im Wahlkreis Tokio knapp hinter dem Kandidaten der Liberaldemokratischen Partei auf dem zweiten Platz.

Kamiya nennt gerne Donald Trump als seine Inspiration und hat dessen „America First“ in eine Politik umgewandelt, die in der Globalisierung die Interessen der Japaner vor alles andere stellen soll. Zwar ist der Anteil von Ausländern in Japan mit drei Prozent verglichen mit Amerika oder Europa gering. Doch in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl von 2,2 auf 3,8 Millionen Ausländer rasch angestiegen. Hinzu kamen im vergangenen Jahr 36 Millionen ausländische Touristen – so viele wie nie zuvor. Unter anderem der LDP-Ministerpräsident Fumio Kishida hatte beide Entwicklungen befördert, weil aus seiner Sicht in dem rasch alternden Land sowohl die zusätzlichen Arbeitskräfte als auch die Touristen benötigt werden, um die japanische Wirtschaft am Laufen zu halten.

In der äußerst homogenen japanischen Gesellschaft sorgt beides aber zunehmend für Konflikte. Einerseits halten sich die Ausländer oft nicht an all die Regeln, die die Japaner so lieben. Andererseits machen viele Japaner die ausländischen Touristen dafür verantwortlich, dass Hotels, Restaurants und zuletzt sogar der Reis im Supermarkt immer teurer geworden sind. In seinen Wahlkampfreden griff Sanseito-Gründer Kamiya diese Ressentiments gerne auf: „Den Japanern geht es immer schlechter“, rief er. Die billigen Arbeitskräfte aus Südostasien drückten die Löhne, und diejenigen, die keine Arbeitsplätze fänden, würden zu Kriminellen.