Wie die Bagger Bäumen und Hecken schaden

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Endlich kommt Deutschland beim Glasfaserausbau voran, bis in fünf Jahren sollen alle Haushalte und Unternehmen an das schnelle Internet angeschossen sein. Dass das klappt, ist unwahrscheinlich. Dennoch bemüht man sich, und der Turbo zum High­speednetz bleibt nicht folgenlos. Im ganzen Land häufen sich Klagen über Pfusch am Bau, der Hessische Städte- und Gemeindebund spricht sogar von einem „flächendeckenden Problem“: Inkompetente Tiefbaufirmen beschädigen Rohre, Leitungen und Kabel im Untergrund, schütten Baugruben dilettantisch zu und hinterlassen Trümmerlandschaften auf Gehwegen und in Vorgärten. In Kempen in Nordrhein-Westfalen entstand auf diese Weise kürzlich der schickste und lustigste Bürgersteig der Republik: Aufgefräster Asphalt wurde notdürftig mit roten Pflastersteinen geflickt.

Nicht lustig ist, dass der Murks im Untergrund auch für Stadtbäume fatale Folgen hat. Häufig werden die Wurzeln beim Aufreißen der Straße rücksichtslos gekappt – und die Gruben anschließend zugeschüttet. Auf dieses verdeckte Pro­blem weisen mehrere Sachverständige hin, die hauptberuflich Straßenbäume untersuchen. Der unkontrollierte Eingriffe in den Wurzelraum gefährde die Standfestigkeit von Straßenbäumen, warnen sie, mehrfach mussten bereits Stammriesen nach Glasfaserverlegungen gefällt werden.

Charlotte Wagner

Die Gefahr der sogenannten mangelhaften Verkehrssicherheit ist jedenfalls nicht zu unterschätzen: Im schlimmsten Fall kippen geschädigte Bäume einfach um und stürzen auf Gehwege und Straßen. Vor allem bei den Bäumen ist das Risiko groß, die äußerlich vital wirken, durch den Eingriff im Wurzelbereich allerdings stark geschädigt sind. Nicht minder gefährlich ist, dass es durch die Wurzelschäden auch zu Grünastabbrüchen kommen kann: Dabei brechen gesund wirkende Äste wie aus heiterem Himmel einfach ab.

Fatal ist der unfachmännische Ausbau zudem für das Ziel, die immer heißeren Städte an den Klimawandel anzupassen. Wertvolle Schattenspender gehen dadurch verloren. Dabei geht es den Straßenbäumen ohnehin schlecht, im Wurzelraum müssen sie sich den Platz mit Leitungen und Kanälen teilen, Hitze, Trockenheit, Kot und verdichteter Boden machen ihnen das Überleben schwer. Beschädigte Wurzeln geben ihnen oft den Rest.

Auch Bäume, Hecken und Büsche auf Privatgrundstücken werden regelmäßig Opfer des Turboausbaus, zeigen Berichte in Lokalzeitungen. Viel Ärger richten Baumaschinen an, die zu dicht an Hecken vorbeifahren. Und der Stolz vieler Gärtner wird zudem wenige Wochen nach dem Eingriff in den Untergrund plötzlich braun. Die Bremer Grünen haben wegen solcher Vorfälle bereits mehr Kontrollen beim Eingriff in den Untergrund gefordert, außerdem sollten für solche Arbeiten nur Unternehmen beauftragt werden, die sich mit solchen Arbeiten im empfindlichen Wurzelraum auskennen.

Wie es besser geht, machen mittlerweile einige Städte und Gemeinden vor. Ein Pionier ist Freiburg im Breisgau. Dort rücken für den Ausbau des Glasfasernetzes spezielle Lastwagen mit einem Saugrüssel am Heck heran. Diese saugen die Gruben wurzelschonend und minimalinvasiv aus und befördern Steine, Erde und Geröll in den Laderaum. Auch bereits verlegte Leitungen, Kabel und Rohre bleiben auf diese Weise unbeschädigt. Der Nachteil: Für manche Straßen ist der Sauglaster zu monströs – Äste und Baumkronen könnten beschädigt werden. Am Ende muss dann doch wieder der Bagger anrollen.