Der Stern Beteigeuze hat einen Begleiter, aber nicht mehr lange

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Einer der prominentesten Sterne am Firmament ist Betelgeuse, im deutschen Sprachraum auch Beteigeuze genannt und von den Astronomen als α Orionis geführt. Der rötliche Stern an der „Schulter“ mythischen Jägers Orion, den die Griechen in dem gleichnamige Sternbild sahen, ist zwar im zeitlichen Mittel nur der zweithellste Stern nach Rigel alias β Orionis, aber eben nur im Mittel. Seine Helligkeit schwankt im Takt von 416 Tagen, der von einer zweiten Schankung mit einer Periode von 2170 Tagen überlagert ist. Letztere konnte jetzt möglicherweise geklärt werden: Betelgeuse hat einen Begleiter.

Zuletzt war Betelgeuse in den Jahren 2019 und 2020 durch eine außerplanmäßige Verfinsterung in die Schlagzeilen geraten. Nicht wenige Sternenfreunde fürchteten damals, das Gestirn stehe kurz davor, in einer Supernova zu zerplatzen. Denn Betelgeuse ist ein sogenannter Roter Überriese. Mit der Masse von zwanzig Sonnen und dem siebenhundertfachen Sonnendurchmesser hat der Stern bereits die labile Spätphase seiner Existenz erreicht: Seinem Zentrum geht so langsam der nukleare Brennstoff aus.

Ein bläulicher Stern umkreist den Roten Riesen

Inzwischen ist das Rätsel jener Verfinsterung allerdings aufgeklärt: der greise Stern hatte große Mengen Materie ausgestoßen, die im Weltall zu Staub kondensierte und ihn vorübergehend verdunkelte. Seit dieser Episode steht Betelgeuse unter verschärfter Beobachtung.

So hatten auch Astrophysiker um Steve Howell vom NASA Ames Research Center das 8,1 Meter große Gemini North Telescope auf Hawai’i zusammen mit einer Spezialkamera namens ‘Alopeke – Hawaiianisch für „Fuchs“, nach dem griechischen Wort Halopex – auf Betelgeuse gerichtet. ‘Alopeke nutzt sogenannte Speckle-Interferometrie, mittels der durch Kombination von Kurzzeitbelichtungen die störenden Luftunruhen herausgemittelt werden können. Auf den Bild, das die Forscher aus den nun in den Astrophysical Journal Letters veröffentlichten Beobachtungen generierten, erscheint neben Betelgeuse ein bislang noch nicht gesehener bläulicher Stern.

Betelgeuse alias α Orionis. Ohne ihn würden wir das Sternbild Orion kaum wiederzuerkennen.
Betelgeuse alias α Orionis. Ohne ihn würden wir das Sternbild Orion kaum wiederzuerkennen.NOIRLab

Das Signal hat allerdings noch eine recht niedrige Signifikanz von 1,5 Sigma. Das bedeutet: es besteht noch eine Wahrscheinlichkeit von 6,7 Prozent, dass es sich bei diesem Fleck um eine statistische Fluktiation in den Meßdaten handelt und nicht um das Bild eines real existierenden Sterns. Erneute Beobachtungen im November 2027, wenn der vermutete Begleiter das nächste Mal von der Erde aus gesehen maximal von Betelgeuse separiert erscheint, dürften die Entdeckung aber erhärten.

Denn Anfang dieses Jahren hatten bereits eine Auswertung von Archivdaten sowie eine Analyse der Helligkeitsschwankungen die Existenz eines solchen Begleiters nahegelegt. „Die Veröffentlichungen, die einen Begleiter für Betelgeuse vorhersagten, bezweifelten allerdings, dass man ihn je direkt würde sichtbar machen können“, sagt Steve Howell in der Pressemitteilung der beteiligten Institute. Und tatsächlich, als man dann aber das Hubble Space Telescope auf Betelgeuse richtete, fand sich nichts. Auch mit dem Röntgen-Weltraumteleskop Chandra wurde kein Begleiter gesehen, was weitgehend ausschließt, dass dort ein sehr kleines aber kompaktes Objekt wie ein Neutronenstern kreist.

Der neue Stern wird niemals alt werden

Tatsächlich ist das Objekt, auf das Howell und Kollegen nun Hinweise fanden, ein junger heißer Stern, der den greisen Superriesen und einer Entfernung von lediglich des vierfachen Abstandes der Erde zur Sonne umkreist. Er ist ihm damit näher als der Jupiter der Sonne. Dies wäre dann überhaupt die erste Entdeckung eines engen Begleitsterns um einen Roten Überriesen und sie könnte nun auch zur Erklärung der Helligkeitsschwankungen anderer Sterne dieser Art beitragen, etwa des Antares im Sternbild Skorpion.

Denn während Betelgeuses Veränderlichkeit im Takt von 416 Tagen sich gut durch ein Pulsieren, also ein rhythmische Zusammenziehen und Ausdehnen des Sterns erklären lässt, war die Schwankung über 2170 Tage bislang ein Rätsel. Sie konnte sich aber mit einem bislang unbekannten Begleiter im Größenbereich einer Sonnenmasse in Verbindung bringen lassen.

Wenn sich die jetzt von Howell und Kollegen publizierte Beobachtung bestätugt. dann hat das rötliche Juwel im Orion tatsächlich einen Begleiter von ungefähr anderthalb Sonnennmassen. Er umkreist den zwanzigmal massereicheren Betelgeuse allerdings noch innerhalb der äußeren Schichten von dessen Sternatmosphäre.

Wie Betelgeuse ist er erst zehn Millionen Jahre alt. Anders als sein überaus massereicher Bruder hat er sich in dieser Zeit aber noch nicht sehr weit entwickeln können. Sein bläuliches Glühen wird bislang nur von der Hitze aus der Kontraktion seiner Enstehung gespeist, sein zentrales Wasserstoffbrennen hat er noch nicht zünden können. Aber dazu wird es wohl nicht mehr kommen. Infolge von Gezeitenkräften verliert seine Bahn beständig an Drehimpuls und so wird er innerhalb der kommenden zehntausend Jahre auf Betelgeuse stürzen.