40 Jahre Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

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Stand: 22.07.2025 17:36 Uhr

Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist nicht nur Rastplatz für Zugvögel, sondern auch Erholungs- und Fischereigebiet. Vor 40 Jahren wurde er gegründet – und noch immer gibt es Konflikte.

Der 22. Juli 1985 war ein bedeutender Tag für den Naturschutz in Schleswig-Holstein: Vor 40 Jahren beschloss der Kieler Landtag mit knapper Mehrheit die Einrichtung eines Nationalparks im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Schon der Start des Schutzgebiets von der dänischen Grenze im Norden bis zur Elbmündung im Süden verlief holprig. Die einen fanden einen Nationalpark an der Nordsee überflüssig, den anderen ging der Beschluss nicht weit genug. 40 Jahre später haben sich viele Wogen geglättet – aber längst nicht alle.

TÜV-Prüfung bestanden

Nationalparkleiter Michael Kruse ist in Feierlaune. Gerade hat eine Art TÜV aus Wissenschaft, Verwaltung und Naturschutz mal wieder geprüft, ob der Nationalpark seine Schutzfunktion erfüllt – mit positivem Ergebnis. Trotz allgemeinem Artenschwund sonnen sich auf den Sandbänken wieder jede Menge Kegelrobben und Seehunde, nachdem die Tiere durch jahrzehntelange Jagd fast ausgerottet waren.

Seeadler, Löffler, verschiedene Rochen-Arten und auch der Europäische Hummer sind zurückgekehrt ins Wattenmeer. Die Schifffahrt muss strenge Regeln befolgen, damit die Tiere im Nationalpark genügend Ruhe- und Rückzugsräume haben. Mit der Miesmuschelwirtschaft wurde eine verträgliche Nutzung vereinbart.

Umweltbildung spielt eine große Rolle: Wattwanderungen, die Ringelgans-Tage im Frühling, der Vogelkiek im Herbst und das Infozentrum Multimar Wattforum in Tönning locken in großer Zahl Touristen und Einheimische. Zu den Erfolgsgeschichten gehört auch, dass 2009 das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Nach den Niederlanden und Deutschland kam 2014 der dänische Teil des Wattenmeeres zum Weltnaturerbe hinzu.

Konflikt mit Krabbenfischern schwelt weiter

Ein Kritikpunkt war lange die Erdölförderung im Nationalpark. Sie soll spätestens 2041 eingestellt werden. Zur Krabbenfischerei im Nationalpark stehen im Prüfbericht mahnende Worte. Sie ist sehr umstritten, weil die Krabbenfischer ihre Netze über den Grund schleppen. Der Meeresboden wird aufgewirbelt und das Ökosystem durcheinandergebracht.

Naturschützer fordern mehr sogenannte “Nullnutzungszonen”. Die Krabbenfischer verweisen auf Studien, die belegen sollen, dass ihre traditionelle Fangmethode dem Wattenmeer nicht schadet. Jan Möller vom Landesfischereiverband Schleswig-Holstein wünscht sich mehr Akzeptanz. Die Krabbenfischerei gehöre genauso zum Nationalpark wie alle anderen Nutzungen auch.

Sorgen bereitet Naturschützern auch die Hummer-Fischerei vor den Toren des Nationalparks in der Nordsee. Dadurch könnte die Erholung der Bestände des Europäischen Hummers im Wattenmeer schwierig werden.

Wattenmeer vor dem Ertrinken retten

Zu den größten Herausforderungen für den Nationalpark gehören die Folgen des Klimawandels. Wenn der Meeresspiegel im Zuge der Erderwärmung steigt, könnte das Wattenmeer ständig überflutet werden, also gewissermaßen “ertrinken”. Das wäre nicht nur für die Millionen Zugvögel, die den Nationalpark jedes Jahr im Frühling und Herbst als Rast- und Futterplatz nutzen, eine Katastrophe.

Um das zu verhindern, sind kreative Lösungen beim Deichbau nötig. Deiche sollen nicht einfach immer höher werden. An passenden Stellen müssten die Schutzwälle zurückgebaut werden, um dem Wasser mehr Platz zu geben.

Die steigenden Temperaturen locken immer mehr Raubtiere an, die nicht im Wattenmeer heimisch sind. Das sind vor allem Marderhunde und Füchse und in letzter Zeit auch jede Menge Wanderratten. Die Ratten fressen mit Vorliebe Seeschwalben samt Eiern und Küken. Eigentlich gilt in Nationalparks möglichst “Natur Natur sein lassen”. Das Motto steht im Konflikt mit dem Schutz der Seeschwalben als typischen Nationalparkbewohnern. Eingreifen oder nicht? Eine nicht unwichtige Frage für die Zukunft des Nationalparks.