Berlins Finanzlage verschlechtert sich rapide – obwohl der Stadtstaat Ende vergangenen Jahres schmerzhafte Einschnitte durchgesetzt hat. Der Entwurf des Senats für den nächsten Doppelhaushalt sieht stark steigende Ausgaben vor. Auch wenn Finanzsenator Stefan Evers (CDU) mit wachsenden Einnahmen kalkuliert und die Sparbeschlüsse nach seinen Angaben fortwirken, wird die Lücke zwischen den beiden Positionen deutlich größer. Nach den Plänen der Landesregierung steigen die Ausgaben von aktuell rund 40 Milliarden Euro über 43,8 Milliarden Euro auf 44,6 Milliarden Euro im Jahr 2027. Dem stehen erwartete Einnahmen in den kommenden Jahren von 38,5 beziehungsweise 39,7 Milliarden Euro gegenüber. Die Differenz lässt erahnen, wie hoch die Kreditaufnahme sein wird.
Nach den Zahlen des Senats wird sich dessen Verschuldung kräftig erhöhen: von 67,1 Milliarden Euro Ende 2024 auf 75,8 Milliarden Euro nach Auslaufen des nächsten Doppelhaushalts – ein Plus von 12,9 Prozent in drei Jahren. Das und die geänderte Lage am Kapitalmarkt treiben die Zinsausgaben in die Höhe. Evers geht davon aus, dass diese sich von knapp 722 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf 1,58 Milliarden Euro im übernächsten Jahr mehr als verdoppeln werden.
Stark steigende Sozialausgaben
Die Hauptstadt leidet unter stark zulegenden Sozialausgaben, aber auch unter gestiegenen Aufwendungen für Personal. Nachdem der letztgenannte Kostenblock dieses Jahr um gut zehn Prozent auf 12,9 Milliarden Euro wachsen dürfte, rechnet Evers nochmals mit leichten Anstiegen auf 13,1 und 13,3 Milliarden Euro. Bei den Versorgungsausgaben ist der Trend nach oben ungebrochen. Wegen der steigenden Zahl an Pensionären werden für sie im übernächsten Jahr 2,7 Milliarden Euro eingeplant. Zehn Jahre vorher waren es erst 1,7 Milliarden Euro gewesen.
Bei den Transferausgaben rechnet der Senat nächstes Jahr mit einem weiteren Anstieg um rund eine Milliarde Euro. 2024 waren es insgesamt 10 Milliarden Euro gewesen. Eine neuere Zahl liegt hierzu nicht vor. Die Fluchtausgaben, die zu den Transferausgaben zählen, haben sich von 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf zuletzt 2,2 Milliarden Euro erhöht. Nur Dank der Mittel aus der Sonderverschuldung des Bundes (sogenanntes Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität) kann Berlin seine Investitionsausgaben von aktuell 4,7 Milliarden Euro im Jahr in Richtung 6 Milliarden Euro aufstocken. Darunter fallen nicht zuletzt Ausgaben zur Wohnungsbauförderung.
Deutschlands größte Stadt ist ein Sonderfall, da sie Land und Kommune in einem ist. Und doch steht sie beispielhaft für die kritische Finanzlage in vielen Kommunen. Wie das Statistische Bundesamt Anfang April berichtete, schlossen die Gemeinden und Gemeindeverbände das vergangene Jahr mit einem Defizit von 24,8 Milliarden Euro ab. Es war die größte kommunale Finanzlücke seit der Wiedervereinigung, nicht nur absolut, sondern auch relativ zu den Ausgaben. Zum Vergleich: 2023 hatte das Defizit 6,6 Milliarden Euro betragen. Überall in den Kommunen steigen derzeit die Sozialausgaben massiv. So wächst der Druck auf die Bundesregierung, Reformen auf diesem Feld anzupacken. Gleichzeitig schwinden angesichts der Defizite in den Ländern und Kommunen die Aussichten, dass die Bundesregierung nochmals Steuerentlastungen durchsetzen kann.