WHO warnt vor einer Epidemie

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Gerade erst hatte die Meldung Wissenschaftler aufgeschreckt, dass im Elsass, nur wenige Meter von der deutschen Grenze entfernt, ein Mensch am Chikungunya-Fieber erkrankt war. Nun warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einer weltweiten Epidemie dieser von Mücken übertragenen Erkrankung. Chikungunya sei bereits in 119 Ländern nachgewiesen worden, „wodurch 5,6 Milliarden Menschen gefährdet sind”, sagte WHO-Sprecherin Diana Rojas Alvarez am Dienstag in Genf. „Wir schlagen frühzeitig Alarm, damit die Länder sich rechtzeitig vorbereiten.”

Das Chikungunya-Virus wird von Stechmücken übertragen, ursprünglich kam es nur in tropischen und subtropischen Regionen zu Infektionen. Menschen, die erkranken, bekommen hohes Fieber und starke Gelenkschmerzen, die in manchen Fällen monatelang andauern können. Für ältere und Menschen mit einer schweren Vorerkrankung kann eine Infektion lebensbedrohlich sein.

Dass die WHO nun vor einer Epidemie warnt, hängt einerseits mit dem hohen globalen Waren- und Reiseverkehr zusammen – sowie mit den steigenden Temperaturen, sprich: Klimawandel. Mit dem Verkehr gelangen tropische Mücken auch nach Deutschland, dank der wärmeren Temperaturen können sie überleben. Das Chikungunya-Virus wird hauptsächlich von der Gelbfiebermücke, Aedes aegypti, und der Asiatischen Tigermücke, Aedes albopictus, übertragen. Sie können auch andere aus den Tropen bekannte Erreger wie etwas das Dengue- oder Zikavirus übertragen. Tiger- und Gelbfibermücke sind mittlerweile in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen verbreitet, sie ist praktisch entlang der Hauptautobahnen aus dem Süden und Südosten Europas eingewandert.

Aber nicht nur die Überträgermücken, auch die Erreger können außerhalb der Tropen und Subtropen besser überleben. Galt bisher in Deutschland er Satz „Eine Mücke macht noch keine Epidemie“ – da die Erreger nicht da waren, schließen Experten Ausbrüche heutzutage nicht mehr aus. So kann ein Reisender das Virus beispielsweise über den Flughafen Frankfurt einschleppen, er könnte dann im Rhein-Main-Gebiet von einer Tigermücke gestochen werden – die das Virus dann bei einem weiteren Stich weiterträgt. So können Infektionsketten in Gang gesetzt werden.

Noch keine akute Gefahr für große Ausbrüche in Mitteleuropa

Die WHO betonte im Rahmen ihrer Warnung, dass die Sterblichkeitsrate bei Chikungunya zwar weniger als ein Prozent beträgt, doch „bei Millionen von Fällen kann dieses eine Prozent Tausende von Todesfällen bedeuten“.

2004 und 2005 war es zu einer großen Epidemie in Inselstaaten des Indischen Ozeans gekommen, bei der rund eine halbe Million Menschen erkrankte. „Heute beobachtet die WHO das gleiche Muster”, erklärte WHO-Sprecherin Rojas Alvarez. Das Virus breite sich im Indischen Ozean aus, aber auch in Madagaskar, Somalia und Kenia sowie in Südasien.

Auch in Europa wurden importierte Fälle gemeldet, die mit dem Ausbruch auf den Inseln im Indischen Ozean in Verbindung stehen. „Da diese Übertragungsmuster bereits beim Ausbruch ab 2004 zu beobachten waren, fordert die WHO dringend Maßnahmen, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern”, sagte Rojas Alvarez.

Die Gefahr, dass es auch in Mitteleuropa zu großen Ausbrüchen kommt, ist allerdings bislang nicht besonders hoch: Noch ist der Erreger nicht heimisch, er wird bislang nur von Reisenden eingeschleppt. Doch das könnte sich absehbar ändern.

Hendrick Wilking, Leiter des Fachgebiets Gastrointestinale Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen am Robert Koch-Instiut (RKI) in Berlin sagte, dass virale Infektionen unter Reiserückkehrern bereits seit Jahren immer wieder beobachtet werden und stark auf dem Vormarsch seien. „Aber besorgniserregend ist, dass wir mit Ausbrüchen, die nicht reiseassoziiert sind, auch in Deutschland rechnen müssen.“

Im Fall des Patienten im Elsaß meldet das Robert-Koch-Institut, dass der Patient sich nicht im Ausland mit dem Virus angesteckt hatte. Er war also in Frankreich von einer Mücke gestochen worden, die den Erreger ihrerseits von einem anderen Person aufgenommen hatte. Das RKI warnte bereits, dass auch in Deutschland Infektionen mit Chikungunya möglich sind.

In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen das Chikungunya-Virus zugelassen. Eine generelle Impfempfehlung gibt es aber nicht. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfahl Anfang Juli aber Reisenden, die sich mehr als vier Wochen in einem Risikogebiet aufhalten oder mehrfach auch kurz in ein solches einreisen, sich impfen zu lassen.