David Ellison hatte vor wenigen Tagen einen wichtigen Termin in Washington. Er traf Brendan Carr, den Chef der amerikanischen Regulierungsbehörde FCC, auf dessen Wohlwollen er im Moment angewiesen ist. Die FCC hat darüber zu entscheiden, ob das von Ellison geführte Film- und Fernsehstudio Skydance den traditionsreichen Unterhaltungskonzern Paramount kaufen darf. Die Transaktion würde Ellison in die erste Hollywoodliga katapultieren. Das Geld dafür soll vor allem von seinem berühmten Vater Larry Ellison kommen, dem Mitgründer und Großaktionär des Softwarekonzerns Oracle, dessen Reichtum im Moment nur von Elon Musk übertroffen wird. FCC-Chef Carr gilt als besonders loyaler Gefolgsmann von Donald Trump, unlängst zeigte er sich sogar mit einer goldenen Anstecknadel mit dem Konterfei des US-Präsidenten an seinem Anzug.
Ellison hat in dem Treffen offenbar versucht, Carr milde zu stimmen. In einem hinterher publik gewordenen Schreiben seiner Anwälte hieß es, der FCC sei versichert worden, Skydance fühle sich „unvoreingenommenem Journalismus“ verpflichtet und werde sicherstellen, dass die redaktionellen Entscheidungen des zu Paramount gehörenden Fernsehsenders CBS „die unterschiedlichen ideologischen Perspektiven der amerikanischen Zuschauer widerspiegeln“. Diese Zusage ist mehr als eine Banalität. Trump und andere Vertreter der Republikanischen Partei erheben oft den Vorwurf, die meisten Medien- und Unterhaltungsbetriebe seien zu einseitig auf ein linksliberales Publikum ausgerichtet.
Entgegenkommen von Fusionsparner Paramount
Ellisons Versuch, die FCC auf seine Seite zu bringen, fand insofern besondere Beachtung, weil auch sein Fusionspartner Paramount dem Präsidenten in jüngster Zeit mehrfach – und auf sehr umstrittene Art und Weise – entgegengekommen ist. Anfang Juli hat der Konzern eine Klage Trumps, die er einst als „völlig gegenstandslos“ bezeichnete, mit einem Vergleich beigelegt. Es ging dabei um ein im vergangenen Oktober ausgestrahltes Interview auf CBS mit Kamala Harris, Trumps Rivalin in den Präsidentenwahlen. Trump hat CBS vorgeworfen, das Gespräch so geschnitten zu haben, dass Harris in ein gutes Licht gerückt wurde, und 20 Milliarden Dollar Schadenersatz gefordert. Die meisten Beobachter meinten, Paramount habe beste Aussichten, den Rechtsstreit zu gewinnen. Trotzdem stimmte der Konzern zu, Trump im Rahmen eines Vergleichs 16 Millionen Dollar zu zahlen. Der Präsident hat sogar reklamiert, zusätzlich zu dieser Summe werde er Werbe- und Programmplätze in Paramount-Medien im Wert von 20 Millionen Dollar bekommen, was das Unternehmen bisher nicht bestätigte.

All das warf die Frage auf, ob Paramount sich die Zustimmung zur Transaktion mit Skydance zu erkaufen erhofft. Mehrere Senatoren der Demokratischen Partei schrieben einen Brief an Ellison und fragten ihn, ob er in die Gespräche über einen Vergleich involviert gewesen sei. Paramount hat jeglichen Zusammenhang zwischen dem Rechtsstreit und der Fusion bestritten. Vor wenigen Tagen gab der Konzern dann bekannt, seine oft sehr Trump-kritische Talkshow mit Stephen Colbert einzustellen. Colbert hatte zuvor seinen Arbeitgeber in seiner Sendung attackiert und den Vergleich mit Trump eine „große, fette Bestechung“ genannt. Paramount nannte die Absetzung der Show eine „rein finanzielle Entscheidung“, aber erfreute damit Trump, der den Schritt auf seiner Plattform Truth Social bejubelte – und sich davon ermutigt fühlte, auch den baldigen Rauswurf von Colberts Kollegen Jimmy Kimmel und Jimmy Fallon vorherzusagen, die bei anderen Sendern beschäftigt sind.
Auf die Ellisons ist der Präsident jedenfalls in diesen Tagen sehr gut zu sprechen. Im Zusammenhang mit dem Vergleich nannte er Larry Ellison unlängst einen Freund, und David beschrieb er als „phantastischen jungen Mann“. Und offenbar ist das Ellison-Imperium für die Trump-Regierung ein gefragter Partner. Schon am Tag nach Trumps Amtseinführung war Larry Ellison zur Ankündigung eines Großprojekts rund um Künstliche Intelligenz im Weißen Haus. Trump gab die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Stargate bekannt, das 500 Milliarden Dollar in die KI-Infrastruktur in den USA investieren soll. Neben dem KI-Spezialisten Open AI und der japanischen Technologiegruppe Softbank zählt auch Oracle zu den Initiatoren. Oracle war auch unter den Unternehmen, die aus Anlass von Trumps Besuch im Nahen Osten im Mai Milliardeninvestitionen in der Region bekannt gaben. Sogar das künftige Schicksal von Tiktok in den USA könnte an Oracle geknüpft sein. Medienberichten zufolge gehört der Konzern zu einem Konsortium möglicher Investoren in die Video-App, die wegen ihrer Verbindungen nach China amerikanische Anteilseigner bekommen soll. Trump hat kürzlich gesagt, er habe eine Gruppe „sehr wohlhabender Leute“ gefunden, die Tiktok kaufen könnten.
Nur Musk ist reicher als Trumps „Freund“ Larry Ellison

Erst vor wenigen Wochen zog er einen spektakulären Auftrag an Land, der nach seiner Aussage jedes Jahr mehr als 30 Milliarden Dollar Umsatz einbringen wird. Von wem der Auftrag kam, wurde nicht verraten, nach übereinstimmenden Medienberichten handelt es sich aber um Open AI. Das Auftragsvolumen ist aus Sicht beider Partner bemerkenswert. Für Oracle entspricht es mehr als der Hälfte des Gesamtumsatzes im vergangenen Geschäftsjahr, und es liegt weit über dem gegenwärtigen Umsatz von Open AI. Der Entwickler von ChatGPT rechnet nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg in diesem Jahr mit einem Umsatz von knapp 13 Milliarden Dollar. Der Megaauftrag für Oracle deutet aber darauf hin, dass er in den kommenden Jahren auf rasantes Wachstum hofft, andernfalls ließen sich Ausgaben in diesen Dimensionen kaum rechtfertigen.
Larry Ellison zählt zu den schillerndsten Figuren der Technologieindustrie. Er hat einmal eine Biographie mit dem Titel „Der Unterschied zwischen Gott und Larry Ellison“ inspiriert – mit dem Untertitel „Gott denkt nicht, er sei Larry Ellison“. Der heutige Multimilliardär kam aus bescheidenen Verhältnissen. Er wurde in New York geboren, seine Mutter, ein überforderter Teenager, gab ihn an seine Tante ab, als er noch kein Jahr alt war. Weder an der Schule noch an der Universität fiel er mit guten Leistungen auf, er begann mehrere Studiengänge, brach sie aber alle ab. Nachdem er eine Zeit lang als Computerprogrammierer gearbeitet hatte, war er 1977 einer der Mitgründer von Software Development Laboratories, woraus fünf Jahre später Oracle wurde. Er führte das Unternehmen an die Spitze der Softwarebranche. Bis 2014 war er Vorstandschef, und noch heute, im Alter von 80 Jahren, ist er Technologievorstand und Vorsitzender des Verwaltungsrats. Ellison ist auch bekannt für seine privaten Extravaganzen. Ihm gehören diverse Luxusvillen und fast die komplette Hawaii-Insel Lanai. Er ist leidenschaftlicher Segler, sein Team hat zweimal den America’s Cup gewonnen.
Für Musk ist Ellison eine wichtige Bezugsperson, als Mentor, Freund und auch Geschäftspartner. Zwischen 2018 und 2022 hatte Ellison einen Sitz im Verwaltungsrat des von Musk geführten Elektroautoherstellers Tesla. Ellison half Musk auch bei der Finanzierung der Übernahme der Onlineplattform Twitter 2022. Handynachrichten von der Anbahnung dieser Investition kamen damals an die Öffentlichkeit – und unterstrichen, mit welcher Leichtigkeit in diesen Zirkeln mit immensen Summen jongliert wird. Musk fragte Ellison, ob und in welchem Umfang er sich an der Transaktion beteiligen möchte, Ellison antwortete knapp: „Eine Milliarde . . . oder was immer du empfiehlst.“
Larry Ellison hat zwei Kinder, den 42 Jahre alten David und die 39 Jahre alte Megan, beide stammen aus seiner dritten von mindestens fünf Ehen. Beide haben ihre eigenen Hollywood-Studios und sind dabei von ihrem Vater kräftig finanziell unterstützt worden. David hat Skydance 2010 gegründet, nachdem er sich vorher eine Zeit lang ohne größeren Erfolg als Schauspieler versucht hatte. Er wurde erst in der Branche nicht sonderlich ernst genommen, oft wurde er als „Dumb Money“ („dummes Geld“) verunglimpft, also jemand, der zwar viel Geld, aber wenig Sachverstand mitbringt. Aber er hat mit Skydance eine Reihe von Kinohits abgeliefert und wurde nach und nach zu einem gefragten Geschäftspartner in Hollywood. Der Zusammenschluss mit Paramount würde ihn in eine ganz neue Dimension vorstoßen lassen. Skydance wird in dieser Transaktion mit 4,75 Milliarden Dollar bewertet, und wie es in einer Mitteilung weiter hieß, will die „Ellison-Familie“ zusammen mit einer Beteiligungsgesellschaft acht Milliarden Dollar in Paramount investieren. Der überwiegende Teil der Summe soll Medienberichten zufolge direkt von Larry Ellison kommen. Zu Paramount gehören neben den gleichnamigen Filmstudios und CBS auch eine Reihe anderer Fernsehsender wie MTV oder Nickelodeon.
Larry Ellison steht politisch schon seit Langem den Republikanern nahe. Auch Trump unterstützt er seit einiger Zeit, wobei er sich im Rennen um die Kandidatur der Republikaner für die Wahlen im vergangenen Jahr zwischenzeitlich auf die Seite des Herausforderers Tim Scott schlug. Sohn Davids politische Sympathien waren dagegen noch vor Kurzem eher bei den Demokraten zu verorten. Anfang vergangenen Jahres spendete er mehr als 900.000 Dollar für die Wiederwahl des damaligen Präsidenten Joe Biden. Aber offenbar hat er sich auch mit den veränderten Machtverhältnissen arrangiert. In den vergangenen Monaten wurde er mehrmals auf Veranstaltungen mit Trump gesehen.