Stuttgarter Landtag: Hakenkreuz auf Stimmzettel geschmiert

10

Das Beschmieren eines Stimmzettels mit einem Hakenkreuz im Zuge einer geheimen Abstimmung im baden-württembergischen Landtag könnte strafrechtliche Folgen haben. Die Verwendung des Hakenkreuzes ist ein Propagandadelikt nach Paragraf 86 des Strafgesetzbuchs. Die Verwendung eines solchen Zeichens im Landtag, also einem Verfassungsorgan, wiegt politisch besonders schwer. Das Ansehen des Landtags ist durch den Vorfall beschädigt.

Am Donnerstagnachmittag hatte die AfD-Fraktion für die Besetzung von Mitgliedern des Oberrheinrats, des parlamentarischen Organs der Oberrheinkonferenz, überraschend die geheime Abstimmung beantragt. Die AfD versucht seit Jahren, in das Gremium einen Vertreter zu entsenden. Das Gremium koordiniert seit 1997 die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-französischen Grenzraum, beteiligt sind die Regionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.

Die geheime Abstimmung fand etwa gegen 16.30 Uhr statt, normalerweise wird der Zugang zu den Wahlurnen vor dem Wahlgang und danach streng kontrolliert.

Wer den Stimmzettel und den Namen des AfD-Abgeordneten Bernhard Eisenhut mit einem Hakenkreuz beschmiert haben könnte, ist unklar. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sagte nach dem Auffinden des beschmierten Stimmzettels: „Es ist eine Schande für dieses Parlament, dass jemand einen Stimmzettel mit einem Hakenkreuz abgegeben hat. Das widert mich an – und ich sage das auch in aller Deutlichkeit: Die Verwendung eines verfassungsfeindlichen Zeichens ist eine Straftat.“ Die Landtagsverwaltung werde alles für die Aufklärung des Vorfalls tun, der Stimmzettel sei deshalb an die Ermittlungsbehörden übermittelt worden.

Wahlzettel in der falschen Urne

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel verurteilte die Tat ebenfalls scharf: „Das Hakenkreuz ist ein Symbol des Hasses, der Gewalt und Menschenverachtung. Es steht für das dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Unser Landtag steht für Demokratie, Rechtsstaat und die Verpflichtung, die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten und zu schützen.“ Verfassungsfeindliche Symbole hätten im Herzen der Demokratie nichts zu suchen.

Für die Abstimmung hatte die Landtagsverwaltung zwei Wahlurnen aufstellen lassen: eine für die Abgeordneten von SPD und Grünen, eine zweite für die Parlamentarier von CDU, FDP und AfD. Der mit dem Hakenkreuz beschmierte Stimmzettel war in der Wahlurne für SPD und Grüne gefunden worden. Die Frage ist nun, ob damit möglicherweise ein Abgeordneter der Grünen oder der SPD gegen die in Teilen rechtsextreme AfD protestieren wollte. Die baden-württembergische AfD wird seit 2022 als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt.

Die Ermittlung des Verursachers dürfte nicht ganz einfach werden: Die Ermittler könnten von allen Abgeordneten Fingerabdrücke nehmen. Es wäre auch möglich, dass die Fraktionen von ihren Abgeordneten eine eidesstattliche Versicherung verlangen, mit der sie erklären, den Zettel nicht beschmiert zu haben. „Wir werden alles dafür tun, zur Aufklärung dieses Vorfalls beizutragen. Deshalb hat die Landtagsverwaltung den betreffenden Stimmzettel den Ermittlungsbehörden übergeben“, sagte Aras.

CDU-Abgeordnete sowie einige Beobachter, die die Stimmenabgabe für CDU, FDP und AfD verfolgt haben, halten es für ausgeschlossen, dass Parlamentarier dieser drei Parteien die Wahlurne von SPD und Grünen benutzt haben könnten. Die Ausgabe und Annahme der Stimmzettel und Umschläge wird mit einer Namensliste kontrolliert. Manuel Hailfinger (CDU), der der Wahlkommission angehörte, sagte: „Wenn jemand den Stimmzettel in die falsche Urne werfen wollte, wäre das sofort aufgefallen. Die Listen werden abgehakt.“ Er hoffe, dass der Fall nun schnell aufgeklärt werde und sich die betreffende Person „schnell oute“.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Sascha Binder, forderte, dass der Verursacher sein Mandat niederlegen müsse. „Wer so etwas macht, ist dieses Parlaments nicht würdig und sollte umgehend sein Mandat zurückgeben“, sagte Sascha Binder. „Das ist absolut widerwärtig“.

Parlamentspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte die Sitzungsleitung spontan von Vizepräsident Wolfgang Reinhart (CDU) übernommen. Sie hatte zunächst hektisch und nervös auf den Vorgang reagiert und die Parlamentarier der AfD mehrfach zurechtgewiesen sowie keine Zwischenfragen zugelassen. Offenbar vermutete sie den Täter zunächst in den Reihen der AfD.

Am späteren Abend teilte die Landtagsverwaltung mit, dass sie im Moment keine Angaben machen könne, aus welcher Urne der Stimmzettel komme. Aras sagte: „Das ist unterirdisch. Das ist eine Straftat. Und das ist die letzte Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause. Das ist eine Schande für dieses Parlament. (…) Und ich hoffe, dass das nie wieder vorkommt.“