Der Eintrag im hessischen Denkmalverzeichnis ist vergleichsweise knapp: Das 1908 im Stil des Neoklassizismus errichtete Geschäftshaus mit der Adresse Neue Mainzer Straße 53 zeichnet sich demnach aus durch eine „breite Risalitfassade mit Kolossalpilastern, kleinem Axialgiebel und retardierender Bauplastik“. Trotz der baugeschichtlichen Bedeutung führt der Verein „Stadtbild Deutschland“, der sich für historische Gebäude einsetzt, das Haus in der Kategorie „Abriss wahrscheinlich“.
Diese Einschätzung hat zu tun mit den Plänen zum Bau eines neuen Schauspielhauses auf dem Grundstück der Frankfurter Sparkasse, zu dem auch das Baudenkmal von 1908 gehört. Die Vereinbarung zwischen der Stadt, der Sparkasse und deren Eigentümerin, der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), zur sogenannten Kulturmeile sieht vor, das Theater im nördlichen Teil des Areals zu bauen. Dort ist im Hochhausrahmenplan bisher ein 175 Meter hohes Hochhaus vorgesehen. In der Beschreibung des Standorts heißt es: „Die denkmalgeschützte Sockelzone zur Neuen Mainzer Straße ist dabei vollständig zu erhalten und frühzeitig in die Planung einzubeziehen.“ Mittlerweile wurde der Hochhaus-Standort aber nach Süden in Richtung Japan-Tower verlegt. Das Baudenkmal würde deshalb wohl in den Theater-Neubau integriert, wie aus den veröffentlichten Visualisierungen hervorgeht.
Der Landesdenkmalrat, ein Gremium aus Fachleuten, das den hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst berät, hält den Fortbestand des neoklassizistischen Denkmals für „akut gefährdet“. Das für Theater und Hochhaus vorgesehene Grundstück sei für die Bauaufgabe sehr beengt, zumal auch auf die ebenfalls geschützten Wallanlagen Rücksicht genommen werden müsse, teilte der Ko-Vorsitzende Philipp Oswalt der F.A.Z. mit. „Es ist in Frankfurt leider eine bittere Tradition, von denkmalgeschützten Bauten nur die Fassade zu erhalten.“ Ähnliches sei hier zu befürchten. Er sehe nicht, wie das Denkmal von massiven Eingriffen verschont werden könnte. Der Landesdenkmalrat warnt darüber hinaus, dass das ebenfalls unter Schutz stehende klassizistische Nachbarhaus von 1830 (Neue Mainzer Straße 55) sowie die Wallanlagen von dem Bauvorhaben tangiert werden könnten. Oswalt führt zur Begründung die Baugrube und die Baustelleneinrichtung an.

Auf die Bedeutung des denkmalgeschützten Foyers der zum Abriss vorgesehenen Theater-Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz hat der Landesdenkmalrat schon vor längerer Zeit hingewiesen. Jetzt bemängelt das Gremium, dem unter anderem die Frankfurter Architektinnen Maren Harnack und Astrid Wuttke angehören, dass die Frage des Denkmalschutzes bei der Abwägung der Varianten zum Neubau der Städtischen Bühnen keine Rolle gespielt habe.
„Kein Grund für Abrissgenehmigung“
In seiner Stellungnahme hebt der Landesdenkmalrat aber ausdrücklich hervor, dass nach Darstellung des Landesamts für Denkmalpflege und des Frankfurter Kulturdezernats die Kulturmeile „keine Vorentscheidung für die Zerstörung des denkmalgeschützten Foyers mit seinem Wolkenkunstwerk“ darstelle. Gleichzeitig kritisiert das Gremium, dass die bisher veröffentlichten Visualisierungen zum Neubau der Oper „einen Totalabriss des Theaterfoyers vermitteln“. Nach Einschätzung des Landesdenkmalrats gibt es „keine überwiegenden öffentlichen Belange“, die eine Abrissgenehmigung für das Foyer rechtfertigen würden.
Die Entscheidung für die Kulturmeile erschwere „ohne plausible Gründe“ den Erhalt der gefährdeten Denkmale erheblich, heißt es in einer Pressemitteilung des Gremiums. Es sei zu befürchten, dass „eine Art Vorentscheidung für den Abriss und Verlust“ des Foyers und des neoklassizistischen Hauses an der Neuen Mainzer Straße gefallen sei. Bei den anstehenden Wettbewerben für den Neubau der Oper am Willy-Brandt-Platz und des Schauspiels an der Neuen Mainzer Straße müssten die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden, fordert der Landesdenkmalrat in seiner Stellungnahme.
Tatsächlich sucht die Stadt derzeit ein Planungsbüro, das für das Bühnen-Projekt Bestandsbauten untersucht. Dabei seien gegebenenfalls die Vorgaben des Hessischen Denkmalschutzgesetzes zu beachten. In einem ersten Schritt umfasst der Auftrag aber zunächst nur die Bestandsgebäude auf dem Grundstück an der Gutleutstraße, auf dem Interims-Spielstätten für Oper und Schauspiel entstehen sollen. Dort zumindest spielt der Denkmalschutz keine Rolle.