Der US-Präsident stellt einen Plan vor, der die amerikanische KI-Führerschaft sichern soll. Stattdessen zeigt das Papier, wie die Regierung von gegensätzlichen Interessen getrieben wird. Trump muss endlich Prioritäten setzen.

Viele Worte, wenig Konkretes: Donald Trump bei der Vorstellung seiner KI-Agenda.
Donald Trump ist seit einem halben Jahr wieder US-Präsident. Aber noch immer verhält er sich, als wäre er mitten im Wahlkampf. Er fordert und verspricht, ohne konkret zu werden. Seine diese Woche vorgestellte Agenda zu künstlicher Intelligenz (KI) verdeutlicht das einmal mehr. Trump versucht auf alle Wünsche ein bisschen einzugehen, auf jene der Tech-CEO im Silicon Valley ebenso wie auf jene der China-Kritiker innerhalb und ausserhalb der Regierung.
Zu Beginn waren die Hoffnungen, die die Tech-Unternehmen und Amerikas Partner in Trump setzten, beträchtlich. Und tatsächlich begann Trump durchaus vielversprechend. Er verfolgte Amerikas seit Jahren geltende Maxime weiter, Chinas technologischen Fortschritt zu bremsen, selbst wenn das für gewisse Unternehmen Einbussen bedeutet. Und kündigte an, das amerikanische Vorgehen zu schärfen und Überregulierungen seines Vorgängers Joe Biden zu korrigieren.
Aber mit seinem derzeitigen Vorgehen macht Trump Amerikas aussenpolitische KI-Strategie noch konfuser, als sie ohnehin schon ist.
Trump vollzog bei Nvidia eine Kehrtwende
Im April verbot Trump dem Branchenführer Nvidia den Verkauf von KI-Chips nach China. Obwohl weniger leistungsfähig als die modernsten Modelle, seien die Chips dennoch zu gut, als dass China von ihnen profitieren sollte. Washingtoner Hardliner, die China um jeden Preis ausbremsen wollen, waren zufrieden.
Doch das Verbot hielt nur wenige Wochen. Mitte Juli hat Trump Nvidia wieder erlaubt, Chips nach China zu exportieren. Eine Erklärung für diese Kehrtwende lieferte er nicht. Es ist unklar, ob er schlicht Nvidias Lobbying nachgegeben hat oder ob er sich dadurch mittelfristig einen grösseren Deal mit China verspricht.
Würde Trump gemäss seiner gerade vorgestellten KI-Agenda handeln, müsste der Chip-Export nach China weiterhin verboten sein. In der Agenda steht nämlich, es sei eine Frage des geopolitischen Wettbewerbs und der nationalen Sicherheit, Amerikas Widersachern den Zugang zu fortgeschrittenen KI-Chips zu verweigern.
Im Mai kam Trump Nvidia und Amerikas Verbündeten entgegen und stoppte das von seinem Vorgänger Joe Biden aufgegleiste AI Diffusion Framework. Die Regelung hätte den Export amerikanischer KI-Chips verkompliziert und auch für Länder wie die Schweiz stark limitierte Chip-Importe bedeutet. Das Handelsministerium begrub das AI Diffusion Framework und versprach, es durch eine einfachere Regelung zu ersetzen.
Aber mehrere Monate später fehlt diese neue Regelung noch immer. In der KI-Agenda finden sich dazu nur luftige Erklärungen. Und wer sie liest, muss befürchten, dass Trumps Exportregel ebenso kompliziert ausfallen wird wie zuvor Bidens. Welche Sicherheitsbestimmungen der Regel zugrunde liegen sollen, wird mit keinem Wort erwähnt.
Trumps Strategie ist weder Fisch noch Fleisch
So offenbart der aussenpolitische Teil der KI-Agenda einen eklatanten Widerspruch zwischen dem, was die Trump-Regierung vorgibt zu tun, und dem, was sie tatsächlich tut. Unfreiwillig rückt das Papier eine Frage ins Zentrum, die davor schon im Raum stand: Wo liegt die Priorität – bei der Sicherung der amerikanischen Technologieführerschaft und dem Ausbremsen Chinas oder bei grossen KI-Deals?
Was passiert, wenn diese Fragen unbeantwortet bleiben, zeigt sich gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Trump besuchte sie im Mai und reiste mit einem schillernden, milliardenschweren KI-Deal nach Hause. Doch nun, wo es um die Details der Übereinkunft geht, stellen sich einige Regierungsbeamte aus Sicherheitsgründen quer. Sie blockieren den Deal, weil sie fürchten, dass China über die Emirate Zugang zu Nvidias modernsten Chips erhalten könnte.
Amerikanische Tech-Unternehmen und die Verbündeten der USA brauchen Antworten dazu, wie die USA bei KI vorgehen wollen, nicht immer neue Versprechen. Trump mag die amerikanische KI-Führerschaft ausbauen wollen. Aber solange er seine Pläne nicht konkretisiert, bremst sein Hin und Her Amerikas Potenzial – statt es auszuschöpfen.