Als Ghislaine Maxwell im Juni 2022 für ihre Rolle als Komplizin des pädophilen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sprach der zuständige Staatsanwalt von „abscheulichen Verbrechen an Kindern“, für die sie zur Verantwortung gezogen werde. Über mindestens sieben Jahre hinweg hatte die einstige Partnerin des Milliardärs ihm Mädchen zugeführt, deren Vertrauen sie zuvor gewonnen hatte, war beim sexuellen Missbrauch sogar manchmal dabei gewesen.
Doch dieser Tage ist Maxwell, die ihre Haftstrafe in Florida verbüßt, zu einer der Figuren geworden, mit der die Regierung Donald Trumps den Zorn über ihren Umgang mit dem Fall Epstein besänftigen will. Anders als von Trump im Wahlkampf versprochen will das Justizministerium die Ermittlungsakten aus Gründen des Opferschutzes nicht öffentlich machen. Dafür soll nun die frühere Komplizin Epsteins zu Details aussagen. Man wolle sie fragen, was sie wisse, kündigte der stellvertretende Justizminister Todd Blanche in der vergangenen Woche an, und versicherte, man schrecke nicht vor unangenehmen Wahrheiten zurück.
Mehr als neun Stunden lang befragt
Doch was genau erhofft man sich von dem Gespräch mit Maxwell? Blanche selbst, nicht etwa untergeordnete Beamte des Justizministeriums, machte sich am Donnerstag und Freitag gleich zwei Mal auf ins Gericht in Tallahassee, um die Verurteilte im Beisein ihres Anwalts David Markus zu befragen. Am ersten Tag sollen sie etwa sechs, am zweiten Tag drei Stunden gesprochen haben.
Dass Blanche, ein früherer Anwalt Trumps, diese Aufgabe übernommen hat, könnte am Bemühen der Regierung liegen, jegliche Informationen in der Sache im engsten Kreis zu halten. Trump und Epstein verkehrten in den neunziger Jahren in denselben Kreisen zwischen New York und Palm Beach, waren laut Epstein über mehr als zehn Jahre enge Freunde.
Auf alten Fotos ist der Präsident auch neben der Komplizin Maxwell zu sehen. Nach ihrer Verhaftung im Jahr 2020 hatte Trump vor Journalisten gesagt, er wünsche ihr „alles Gute“. Dass Maxwell Trump erwähnt, wenn es um Epsteins damaligen Zirkel geht, gilt als wahrscheinlich. Das Justizministerium soll Trump ohnehin schon darüber informiert haben, dass sein Name in den Ermittlungsakten vorkommt.
Unter Druck von der MAGA-Basis
Blanches demonstrative Entschlossenheit dürfte außerdem mit dem heftigen Druck aus der eigenen Partei und von der Trumpschen Basis zusammenhängen. Die „Make-America-Great-Again“-Anhänger verlangen mehr Transparenz, auch wenn Trump behauptet, die Epstein-Dokumente seien ein „Schwindel“ der Demokraten.
Bislang haben sich weder Blanche noch Maxwells Anwalt Markus zu den Inhalten der langen Gespräche geäußert. Vom Justizminister hieß es, man werde sich „zu gegebener Zeit“ zu neuen Informationen äußern. Markus sagte, Maxwell habe alle Fragen ausnahmslos wahrheitsgemäß beantwortet. Man habe über „alles gesprochen, was man sich vorstellen kann“.
Trumps Unterstützer in dieser Sache hoffen darauf, dass die wegen Sexhandels mit Minderjährigen verurteilte Maxwell, die im Verfahren nie selbst ausgesagt hatte, den Präsidenten von jeglichen Schuldvermutungen freisprechen könnte. Falls das nicht so kommen sollte, baute der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, in der vergangenen Woche schon vor, und stellte die generelle Glaubwürdigkeit der Epstein-Gehilfin in Frage.
Doch als Zeichen der Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Regierung stimmte am Donnerstag auch eine Mehrheit im republikanisch angeführten Kontrollausschuss des Repräsentantenhauses dafür, Maxwell im August zur Befragung vorzuladen. Man wolle dem amerikanischen Volk verstehen helfen, wie Epstein „so lange seine bösen Taten begehen konnte“, sagte der republikanische Abgeordnete Tim Burchett dazu.
Es bleibt die Frage, welches Interesse die gebürtige Britin daran hat, sich so kooperativ zu verhalten. Präsident Trump wich am Freitag der Frage eines Journalisten aus, ob er eine Begnadigung oder Hafterleichterung für Maxwell in Betracht ziehe. Darüber habe er bislang nicht nachgedacht, sagte er, fügte aber hinzu: „Ich darf das tun.“
In rechten Kreisen gewinnt die Idee, Maxwell gehöre gar nicht ins Gefängnis oder verdiene zumindest eine mildere Strafe, schon an Zugkraft. Der rechte Podcaster Charlie Kirk sagte in seinem Podcast etwa, was immer die Epstein-Komplizin wolle – für ihr Verhalten verdiene sie Lob und Unterstützung.