Berlusconi-Gruppe MFE erhöht Übernahmeangebot für ProSiebenSat.1

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Die Berlusconis greifen nach dem größten deutschen Privatsender ProSiebenSat1. Solche Nachrichten lassen in Deutschland die Alarmglocken ertönen. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer verbittet sich politische Einmischung aus Italien und zitiert den Vorstandsvorsitzenden Pier Silvio Berlusconi zu sich. Ungute Erinnerungen an den verstorbenen Vater Silvio werden wach. Der war nicht nur viermal Regierungschef, sondern hat auch Italiens Fernsehlandschaft dominiert. Durch seichte Unterhaltung, Infotainment und eine ausgeklügelte Ansprache der Werbewirtschaft brach er die Vormachtstellung der öffentlich-rechtlichen Sender. Wenn die Medien als vierte Gewalt gelten, dann war dank Berlusconi Gewaltenteilung im italienischen Modell ein Fremdwort. Natürlich arbeitete in seinen Kanälen kaum ein regierungskritischer Journalist.

Wieviel Vater steckt im Sohn Pier Silvio?

In seinen letzten Jahren ist der Vater allerdings etwas lockerer geworden. Die politische Mitte ist schließlich auch ein Markt. Sohn Pier Silvio hat die Öffnung weiter getrieben. Der heute 56-jährige Italiener hat sich bisher nur als Manager hervorgetan. Doch kürzlich schloss er ausdrücklich nicht aus, eines Tages wie einst der Vater ins Feld der Politik hinabzusteigen. Dessen Regierungspartei Forza Italia ist von der Familie weiterhin finanziell abhängig.

Insofern sind die Sorgen in Deutschland nachzuvollziehen. Jede Art von Naivität verbietet sich in Zeiten voller Bedrohungen für die demokratischen Institutionen. Freilich sind vage Ankündigungen des Berlusconi-Sohnes noch kein materieller Beweis politischer Instrumentalisierung. Nur aufgrund des Namens darf die Familie nicht in Sippenhaft genommen werden. Wie das Fernsehen grenzüberschreitend die Kräfte bündeln kann, ist eine berechtigte Überlegung. Die öffentlich-rechtlichen Sender bleiben Gegengewichte auf nationaler Ebene, aufgrund ihrer Stärke gilt das besonders in Deutschland.

Allerdings sind die Berlusconis den Beweis schuldig, dass supranationale TV-Zusammenschlüsse auch wirklich funktionieren. Aufgrund der kulturellen Fragmentierung Europas, die ein Reichtum ist, sind sie in der Vergangenheit gescheitert. Die Zweifler in Deutschland sollten dabei auch wissen: Schon heute sind die Italiener bei ProSiebenSat.1 die bestimmende Kraft und bauen ihren Einfluss geschickt aus. Die Bedenkenträger könnten zu spät dran sein.