Trotz Verbot
Krebsverdächtiger Stoff in Milchprodukten nachgewiesen
29.07.2025 – 10:32 UhrLesedauer: 3 Min.

Ein Stoff, der eigentlich verboten ist, taucht wieder auf: Forscher finden Titandioxid in Kuhmilch und sogar Babynahrung. Was bedeutet das für unsere Gesundheit?
Sie sind winzig, mit bloßem Auge nicht zu erkennen und trotzdem in unserem Alltag allgegenwärtig: Titandioxid-Nanopartikel. Neue Untersuchungen zeigen nun, dass sie sich sogar in Milchprodukten und Muttermilch wiederfinden. Besonders alarmierend: Auch in Babymilchpräparaten wiesen die Forscher extrem hohe Konzentrationen nach.
Titandioxid ist ein weißes Pulver, das in vielen Alltagsprodukten als Farbstoff oder Aufheller eingesetzt wird, etwa in Farbe oder Kosmetik – und früher auch in Lebensmitteln. Es macht Produkte strahlend weiß, steht aber wegen möglicher Gesundheitsrisiken in der Kritik.
Eine neue Studie aus Frankreich gibt Anlass zur Sorge: In sämtlichen getesteten Proben fanden Wissenschaftler des nationalen Forschungsinstituts INRAE Titandioxid-Nanopartikel – selbst in Muttermilch. Dabei gelten die Partikel als potenziell gesundheitsschädlich. Sie können sich im Körper anreichern, Entzündungen auslösen, Zellen schädigen oder sogar Krebs verursachen. Die EU hat sie deshalb 2022 als Lebensmittelzusatzstoff verboten. Trotzdem sind sie weiterhin in vielen Alltagsprodukten enthalten und offenbar längst Teil unserer Nahrungskette.
Das Forschungsteam um Camille Rivard untersuchte Tiermilch, Milchpulver und Babymilchpräparate verschiedener Hersteller. Die Ergebnisse waren eindeutig: In allen Proben fanden sich Titandioxid-Partikel – unabhängig davon, ob die Produkte aus biologischer oder konventioneller Produktion stammten.
Besonders hoch war die Belastung in Babymilchpräparaten: Dort wiesen die Wissenschaftler bis zu 3,9 Milliarden Titandioxid-Partikel pro Liter nach. In Milchpulver und Frischmilch lagen die Werte bei bis zu 346 Millionen Partikeln pro Liter.
Rund ein Drittel dieser Teilchen war kleiner als 100 Nanometer, also in einem Bereich, der als besonders kritisch gilt. Denn in dieser Größe können die Partikel besonders tief in Gewebe eindringen und so potenziell größeren Schaden anrichten.

Zusätzlich spendeten zehn Frauen aus Paris und dem Pariser Umland für die Untersuchung Muttermilch. In allen Proben wiesen die Forscher Titandioxid-Nanopartikel nach. Die Konzentrationen unterschieden sich dabei teils deutlich: In manchen Proben fanden sich 15-mal mehr Partikel als in anderen.
Diese Entdeckung belegt, dass Titandioxid-Nanopartikel die sogenannte Brustdrüsenbarriere überwinden können, also den direkten Weg in die Nahrung von Neugeborenen finden. Welche gesundheitlichen Auswirkungen das auf Säuglinge haben könnte, ist bislang unklar.
Doch Tierstudien deuten auf mögliche Gefahren hin: Neugeborene Mäuse und Ratten, deren Mütter Titandioxid-Nanopartikeln ausgesetzt waren, entwickelten später Organveränderungen, wuchsen langsamer und zeigten Lernstörungen.
Diese Erkenntnisse beunruhigen die Wissenschaftler: “Unsere Ergebnisse unterstreichen den Bedarf an großangelegten epidemiologischen Studien, um die Belastung von Muttermilch sowie Tiermilch zu bestimmen”, schreiben sie. Besonders wichtig sei es, mögliche Zusammenhänge mit der kindlichen Entwicklung und langfristigen Gesundheit zu erforschen.
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Titandioxid ist in vielen Produkten enthalten, von Farben über Sonnencreme bis zu Zahnpasta. Trotz des EU-weiten Verbots als Lebensmittelzusatzstoff gelangt es weiterhin in die Umwelt, etwa durch Industrie, Landwirtschaft oder Abgase. Über Luft, Böden und Wasser finden die Nanopartikel dann ihren Weg in die Nahrungskette.
Im Fall von Tiermilch, so vermuten die Forscher, stammen die Partikel aus der Umgebung, etwa aus dem Futter oder dem Trinkwasser der Kühe. Beim Menschen kommen zusätzlich weitere Quellen infrage: Kosmetik, Medikamente und auch Haushaltsprodukte.
Auch wenn die EU Titandioxid in Lebensmitteln verboten hat, taucht es weiterhin dort auf, nicht durch bewusste Zugabe, sondern über Umwelteinflüsse. Besonders brisant ist das für Babys und Kleinkinder, die empfindlicher auf Schadstoffe reagieren als Erwachsene.
Die Wissenschaft drängt daher auf weitere Untersuchungen. Denn was wir heute noch nicht völlig verstehen, könnte schon morgen weitreichende Folgen haben.