Kolumbiens ehemaliger Präsident Álvaro Uribe ist am Montag wegen Prozessbetrugs und Bestechung verurteilt worden. Eine kolumbianische Richterin sah es als erwiesen an, dass Uribe versucht hatte, Zeugen zu beeinflussen, die ihn beschuldigten, Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen zu haben. Dem 73 Jahre alten Uribe droht eine langjährige Haftstrafe; das Strafmaß wird voraussichtlich am Freitag verkündet. Uribes Anwälte wollen Berufung gegen das Urteil einlegen, wodurch der Fall an die nächsthöheren Instanzen und möglicherweise bis zum Obersten Gerichtshof weitergereicht wird.
Uribe führte während seiner Präsidentschaft von 2002 bis 2010 eine harte militärische Offensive gegen linke Guerillagruppen. Unter Uribe erzielte die kolumbianische Armee einige ihrer größten Erfolge im Kampf gegen die Guerillas im Land.
Die Präsidentschaft war jedoch auch von Skandalen überschattet: So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass die Armee an der Tötung Tausender Zivilisten beteiligt war, die fälschlicherweise als Guerillakämpfer ausgegeben wurden, um die Erfolgsstatistiken zu verbessern. In Uribes Amtszeit wurden zudem politische Gegner, Richter und Journalisten illegal vom Geheimdienst überwacht. Schon lange wird Uribes familiärem und politischem Umfeld vorgeworfen, Beziehungen zu paramilitärischen Gruppen unterhalten zu haben.
Prozess gegen Uribe verschärft Polarisierung in Kolumbien
Der Prozess gegen Uribe steht mit diesen Skandalen indirekt in Zusammenhang. Der Fall kam vor rund 13 Jahren ins Rollen, als der linke Senator Iván Cepeda eine Untersuchung gegen Uribe einleitete, wobei er sich auf die Aussagen mehrerer ehemaliger Mitglieder paramilitärischer Gruppen berief. Uribe verklagte Cepeda daraufhin wegen Verleumdung und angeblicher Zeugenmanipulation. Der Oberste Gerichtshof stellte 2018 jedoch fest, dass es Uribe und sein Umfeld waren, die versucht hatten, Zeugen zu beeinflussen, und leitete ein Verfahren gegen ihn ein.
Der Prozess gegen Uribe verschärft die Polarisierung in Kolumbien weniger als ein Jahr vor den Wahlen. Uribe ist die politische Führungsfigur der kolumbianischen Rechten und Chef der stärksten Oppositionspartei „Demokratisches Zentrum“, die als schärfste Kritikerin der linken Regierung von Präsident Gustavo Petro gilt. Anhänger Uribes sprechen von politischer Verfolgung und warnen vor einer Instrumentalisierung der Justiz, wohingegen Linke das Urteil als Beweis für die Unabhängigkeit der Justiz und für Rechenschaftspflicht sehen. Das Urteil löste auch Kritik aus Washington aus: Der amerikanische Außenminister Marco Rubio schrieb auf der Plattform X, es handele sich um eine „Bewaffnung der kolumbianischen Justiz durch radikale Richter“. Uribes einziges Verbrechen sei es, „unermüdlich zu kämpfen und seine Heimat zu verteidigen“. In Kolumbien wird befürchtet, dass der Prozess gegen Uribe zu Repressalien durch die US-Regierung führen könnte.