Krieg in der Ukraine: Selenskyj verurteilt Russlands neue Angriffe

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Durch russische Angriffe auf die Ukraine wurden in der Nacht zum Dienstag mindestens 24 Menschen getötet und 54 verletzt, teilten regionale Behörden mit. Allein im Gebiet Saporischschja starben bei einem Bombenangriff auf ein Gefängnis 17 Menschen, 42 wurden verletzt. Der Gouverneur des Gebiets, Iwan Fjodorow, teilte am Dienstag mit, dass acht Gleitbomben das Gefängnisgebäude im Dorf Bilenka etwa 20 Kilometer südlich der Gebietshauptstadt Saporischschja zerstört sowie nahe gelegene Häuser beschädigt hätten. Alle 17 Opfer seien Insassen gewesen, unter den Verletzten befinde sich mindestens ein Mitarbeiter, erklärten Ermittler.

Im Gebiet Dnipropetrowsk starben bei Luftangriffen vier Menschen, und acht weitere wurden verletzt, als eine Geburtsklinik und mehrere Stationen ei­nes Krankenhauses beschädigt wurden. Unter den Toten sei eine Schwangere, teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. „Ihr Name war Diana, sie war erst 23 Jahre alt.“ Im Gebiet Charkiw starben zwei Menschen und im Gebiet Cherson ein Mensch, auch hier habe es den Gouverneuren zufolge mehrere Verletzte gegeben.

Der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Dmytro Lubinez, erklärte auf Telegram, der Angriff auf das Gefängnis sei ein „grober Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und ein weiterer Beweis für Russlands Kriegsverbrechen“. Menschen in Haftanstalten verlören nicht ihr Recht auf Leben und Schutz. Russland hatte Saporischschja im September 2022 völkerrechtswidrig annektiert, kontrolliert bisher nur den Süden des Gebiets und fordert von der Ukraine die komplette Übergabe, inklusive der Gebietshauptstadt. Sie ist seit Beginn der Vollin­vasion ein wichtiger Zufluchts- und Durchgangsort für Binnenflüchtlinge.

Russland will die ukrainische Flugabwehr überlasten

Seit dem Frühjahr hat Russland seine Bombardements auf zivile Ziele in der Ukraine erheblich ausgeweitet. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, dass Russland in der Nacht zum Dienstag 37 Drohnen und zwei ballistische Ra­keten abgefeuert habe, von denen 32 Drohnen abgefangen werden konnten. Fünf Drohnen und die Raketen hätten jedoch ihre Ziele erreicht. Russlands Strategie ist es, die ukrainische Luftverteidigung systematisch zu überlasten. Die Ukraine verfügt bisher nicht über ausreichend Flugabwehrsysteme, um dieser Gefahr adäquat zu begegnen.

Mitte Juli hatten sich europäische Staaten, darunter Deutschland, und die USA darauf geeinigt, Kiew mehr Flugabwehr vom Typ Patriot zur Verfügung zu stellen. Zudem hat die Ukraine in Deutschland 18 IRIS-T-Flugabwehrsysteme bestellt, von denen bereits sieben ausgeliefert seien, bestätigte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejew. Die anderen elf sollen bis 2026 folgen. Das System des deutschen Herstellers Diehl Defense ist vor allem zur Abwehr von Marschflug­körpern, Drohnen und Flugzeugen ge­eignet.

„Waffenstillstand hätte längst in Kraft sein können“

Präsident Selenskyj verurteilte die abermaligen Angriffe auf sein Land. Diese geschahen, „nachdem die Vereinigten Staaten eine völlig klare Position vertreten haben, die von der Welt unterstützt wurde: Dass Russland diesen Krieg beenden und diplomatische Schritte einleiten“ müsse, erklärte er am Dienstag auf der Plattform X. „Ein Waffenstillstand hätte längst in Kraft sein können, wenn Russland sich nicht geweigert hätte.“

Zuvor hatte er die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump von Montag begrüßt, die Mitte Juli gesetzte Frist, wonach Putin binnen 50 Tagen die Angriffe auf die Ukraine einstellen müsse, auf „zehn bis zwölf Tage“ zu verkürzen. Er sei „enttäuscht von Putin“, weil dieser trotz mehrfacher Gespräche seine Angriffe auf die Ukraine fortsetze.

„Präsident Trump hat eine äußerst bedeutsame Aussage gemacht“, erklärte Selenskyj, der seit Februar vergeblich versucht hatte, Trump die nun selbst gewonnene Erkenntnis zu vermitteln. Trump dagegen hatte zunächst versucht, Putin in Gesprächen zu einem Ende des Krieges zu bewegen, zeigte sich aber zuletzt öffentlich unzufrieden. Putin sei zwar im Gespräch stets freundlich, bombardiere aber, kaum dass man aufgelegt habe, wieder die Ukraine, so Trump. „Frieden ist tatsächlich möglich, wenn wir stark und entschlossen handeln“, sagte Selenskyj am Dienstag. Sanktionen seien dafür ein Schlüsselelement, weil sie die rus­sische Kriegswirtschaft träfen. „Die Ukraine ist wie immer bereit, mit Amerika, mit Präsident Trump, so produktiv wie möglich zusammenzuarbeiten, um diesen Krieg mit einem dauerhaften Frieden zu beenden.“