Intel in der Krise: Gefahr für Amerikas Tech-Führerschaft

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Intel ist der einzige amerikanische Konzern, der unabhängig Chips produzieren kann. Hört er auf, an neuesten Chips zu forschen, könnte das Amerikas nationale Sicherheit und wirtschaftliche Resilienz gefährden. Das rechtfertigt eine staatliche Überbrückungsfinanzierung.

Modernste Computerchips sind das wichtigste Gut des 21. Jahrhunderts. Intel sollte ihre Entwicklung weiter vorantreiben.

Modernste Computerchips sind das wichtigste Gut des 21. Jahrhunderts. Intel sollte ihre Entwicklung weiter vorantreiben.

Florence Lo / Reuters

Die nationale Sicherheit der USA hängt am Überleben eines kriselnden Unternehmens: Intel. Der Technologiepionier von einst gab kürzlich für das zweite Quartal 2025 einen Verlust von 2,9 Milliarden US-Dollar bekannt. Und er stellte deshalb in Aussicht, die Forschung an modernsten Computerchips zu stoppen. Für die USA wäre das eine Katastrophe.

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Seit Jahren versuchen die USA, bei modernsten Computerchips unabhängiger zu werden. Sie sind essenziell für Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), stecken in Handys, Autos, Datenzentren und Präzisionswaffen.

Neben Intel gibt es gegenwärtig nur zwei Unternehmen, die solche Chips herstellen können: der südkoreanische Samsung-Konzern, der selbst Probleme bei der Chipproduktion hat, und die taiwanische TSMC.

Amerikas Abhängigkeit von TSMC ist ohnehin viel zu gross

Die Stellung von TSMC in den USA ist bereits dominant. 90 Prozent seiner modernsten Chips bezieht die amerikanische Wirtschaft vom Unternehmen. Doch weil China Taiwan für sich beansprucht, könnte es dereinst zu einem Krieg um die Insel kommen, und die USA könnten den Zugang zu den Chips von TSMC und ihrer Technologie verlieren. Gemäss Experten des US-Handelsministeriums hätte das für die amerikanische Wirtschaft ähnlich gravierende Folgen wie die Grosse Depression. Damals brach die Wirtschaft um einen Drittel ein.

TSMC betreibt zwar Fabriken in den USA. Doch es ist zu bezweifeln, dass diese Fabriken weiterproduzieren könnten, wenn es zu einem Krieg um Taiwan käme. Die Forschung an und die Entwicklung von TSMC-Chips finden nur im Hauptquartier auf Taiwan statt.

Intel ist Amerikas beste Versicherung gegen einen Krieg um Taiwan. Die USA sollten deshalb ein essenzielles Interesse daran haben, dass Intel weiter Chips produziert und an modernsten Computerchips forscht. Zum einen, weil Amerikas militärische Vormachtstellung davon abhängt. Vor einem Jahr entschied sich die amerikanische Regierung für Intel als den einzigen Chiphersteller für das US-Militär.

Zum anderen aber auch, weil die Chips, an denen Intel forscht, die Basis aller KI-Systeme bilden. KI ist auf absehbare Zeit der Hauptschauplatz des Wettstreits mit China um technologische Vorherrschaft.

Der Staat sollte Intels Forschung und Entwicklung mit Krediten fördern

Gewiss, Intels existenzielle Krise ist selbstverschuldet. Seit der Jahrtausendwende hat die Führung des Konzerns viele Fehler gemacht und praktisch alle technologischen Neuentwicklungen verpasst. Nun hat Intel den Anschluss an die technologische Spitze bei der Chipproduktion zwar wieder geschafft. Aber noch mangelt es an Kunden, die bei Intel produzieren lassen.

Normalerweise dürfen Misswirtschaft und Fehlleistungen in einer Marktwirtschaft kein Grund für eine Unterstützung durch den Staat und die Steuerzahler sein. Doch modernste Computerchips sind das wichtigste Gut des 21. Jahrhunderts. Und ihre Entwicklung und Produktion ist derart kostspielig, dass es nur sehr wenige Anbieter und kaum Wettbewerb gibt. Intel ist deshalb Amerikas einzige Hoffnung, was technologische Unabhängigkeit angeht, und böte auch seinen Verbündeten eine Alternative zur viel zu dominanten TSMC.

Ist die Politik der Ansicht, dass ein eigener Produzent von modernsten Chips für die USA systemrelevant ist, sollte sie Intel ebenso stützen, wie sie das in der Finanzkrise mit grossen Banken tat. Ebenso wie damals dürfte ein Überbrückungskredit zu marktüblichen Konditionen plus Risikoaufschlag das Beste sein, um dem wankenden Konzern mehr Zeit zu verschaffen. Die Politik sollte sicherstellen, dass die Steuerzahler auch davon profitieren, wenn sich der kommerzielle Erfolg einstellt.

Versagen die USA hingegen ihrem einzigen KI-Chip-Produzenten die Unterstützung, akzeptieren sie ihre hochriskante Abhängigkeit vom taiwanischen Hersteller TSMC. Eine staatliche Stützung von Intel wäre deshalb eine relativ günstige Rückfallgarantie, sollte es einst zu einem Krieg um Taiwan kommen.