In Angola sind in Protesten gegen höhere Treibstoffpreise mindestens vier Menschen getötet und Hunderte verhaftet worden. Es handelt sich um die schwersten Unruhen seit vielen Jahren. Nach weitgehend friedlichen Demonstrationen eskalierte Anfang dieser Woche die Gewalt, als der Verband der Sammeltaxifahrer zu einem drei Tage langen Streik aufgerufen hatte. Es kam zu Angriffen auf Streikbrecher, Supermarktfilialen in der Hauptstadt Luanda wurden geplündert, Autos angezündet und Straßen blockiert. Die Polizei reagierte mit Tränengas, aber auch mit scharfer Munition. Die Proteste und Ausschreitungen weiteten sich auf andere Städte aus.
Proteste sind ungewöhnlich in Angola, wo viele Menschen noch den langen, erst 2002 beendeten Bürgerkrieg in Erinnerung haben. Die Szenen erinnern an die Demonstrationen gegen höhere Treibstoffpreise in Nigeria vor einem Jahr. Angola ist nach Nigeria der zweitgrößte Erdölexporteur in Afrika. Mangels funktionsfähiger Raffinerien müssen Treibstoffe jedoch importiert werden. Bisher hatte der Staat den Benzin- und Dieselpreise über Subventionen künstlich niedrig gehalten. Doch die Regierung will seit 2023 die Subventionen reduzieren, um die Staatsausgaben zu senken. Zuletzt hatte sie den Dieselpreis Anfang Juli um 33 Prozent auf 400 Kwanza (umgerechnet rund 38 Cent) erhöht.
Viele befürchten, dass sich durch die gestiegenen Transportkosten Grundnahrungsmittel und andere Waren verteuern. Der angolanische Präsident João Lourenço indes warf den Demonstranten in einem Fernsehinterview vor, die Treibstoffpreise als Vorwand zu nutzen, um die Regierung zu „unterminieren”. In wenigen Ländern auf der Welt sei Diesel so günstig wie in Angola.
Die Unzufriedenheit und Wut hat sich in der Bevölkerung angesichts fehlender Perspektiven, steigender Lebenshaltungskosten und weit verbreiteter Armut über lange Zeit aufgebaut. Etwa jeder dritte Angolaner hat weniger als zwei Dollar am Tag zur Verfügung, während eine meist mit dem Staatsapparat verbundene Elite im Luxus schwelgt. Angola wird seit der Unabhängigkeit 1975 von der ehemaligen Befreiungsorganisation FPLA, der Volksbewegung zur Befreiung Angolas, regiert. Loreno hatte die Staatsführung nach den Wahlen im August 2017 übernommen. Sein Vorgänger José Eduardo Dos Santos war nach 38 Jahren nicht mehr angetreten. Am Mittwoch war es in Luanda ruhig, wobei Polizei und Militär auf den Straßen starke Präsenz zeigten. Viele Menschen blieben zu Hause.