Airbus hat am Mittwochabend einen prominenten Neuzugang für seinen Verwaltungsrat angekündigt. Demnach soll BMW-Vorstandchef Oliver Zipse künftig den deutsch-französisch-spanischen Luft- und Raumfahrtkonzern kontrollieren. Vorgeschlagen werden soll seine Berufung auf der Hauptversammlung im kommenden Jahr. Die Nominierung von Zipse, seit 2019 Vorstandsvorsitzender von BMW, sei „Teil der Strategie des Verwaltungsrats, einen gestaffelten Nachfolgeplan zu erstellen, um eine starke Führungspräsenz im Verwaltungsrat kontinuierlich aufrechtzuerhalten“, schrieb Airbus in einer Pressemitteilung.
Welche Gedankenspiele sich konkret hinter dieser kryptischen Formulierung verbergen, bleibt offen. Weder will sich Airbus derzeit dazu äußern, wen Zipse im Verwaltungsrat ersetzen soll, noch dazu, was mit „Nachfolgeplan“ gemeint ist. Ein Konzernsprecher teilte mit, dass man sich erst zu einem späteren Zeitpunkt dazu äußern werde, wenn auch vor der Hauptversammlung im April 2026. Auch Airbus-Vorstandschef Guillaume Faury beließ es am Mittwochabend auf Nachfrage dabei, Zipses Berufung zu begrüßen. „Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen“, sagte er in einer Telefonkonferenz anlässlich der Halbjahreszahlen.
Klar ist: Je länger sich Airbus über Details zu der Personalentscheidung in Schweigen hüllt, desto mehr dürfte spekuliert werden. So soll Zipse dem Vernehmen nach (zunächst) zwar „nur“ einfaches Mitglied im Verwaltungsrat werden. Die Berufung eines solchen prominenten und erfahrenen Managers könnte aber auch den Weg ebnen für die Nachfolge von René Obermann. Dieser ist seit 2018 Mitglied und seit 2020 Chef des Airbus-Verwaltungsrats – und nach der traditionellen Ämteraufteilung in dem multinationalen und durch die Kapitalanteile von Deutschland, Frankreich und Spanien stets politisierten Konzern das deutsche Pendant zu Vorstandschef Faury, einem Franzosen.
Zipse ist auf dem Markt
Einen Vertrag bei Airbus hat Obermann noch bis 2027. Seine im April bekannt gegebene Nominierung für die Aufsichtsratsspitze des Softwarekonzerns SAP hat die Frage aufgeworfen, ob er künftig zwei Großunternehmen in leitender Funktion kontrollieren wird. Rechtlich, von der Governance her wäre dies möglich. Kapazitativ spräche aber einiges dagegen, dass der für seine Akribie und Detailbesessenheit gefürchtete wie geschätzte frühere Telekom-Chef ein solches Doppelmandat ausübt. Den SAP-Aufsichtsrat soll Obermann von 2027 an leiten.
Klar ist auch: Zipse, derzeit 61 Jahre alt, ist auf dem Markt. Sein Vertrag als BMW-Vorstandschef endet 2026. Eine Berufung zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Münchner Autoherstellers scheidet aus, nachdem der frühere Finanzchef Nicolas Peter im Mai in das Amt gewählt worden ist. Mangelndes Selbstbewusstsein und fehlende Auffassungsgabe, sich in das komplexe Luft- und Raumfahrtgeschäft einzuarbeiten, wird Zipse nicht nachgesagt. Auch politisch gilt der gebürtige Heidelberger als gut vernetzt.
Sollte nach den bisherigen Gepflogenheiten bei Airbus ein Deutscher Faurys Nachfolge als Vorstandschef antreten, wäre das Amt des Chefaufsehers jedoch für einen Franzosen bestimmt. Die Diskussionen darüber dürften in ein bis zwei Jahren Fahrt aufnehmen. Auf der Hauptversammlung im April ist Faury für eine weitere Amtszeit gewählt worden. Diese geht bis 2028. Wirtschaftlich steht Airbus stabil und deutlich besser als der amerikanische Erzrivale Boeing da.
Für das erste Halbjahr vermeldete der Konzern am Mittwochabend einen Umsatz von rund 29,6 Milliarden Euro, ein Plus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Nettogewinn legte wegen fehlender Sondereffekte gar um 85 Prozent auf 1,53 Milliarden Euro zu. Airbus plant in diesem Jahr weiterhin die Auslieferung von rund 820 Verkehrsflugzeugen und kann sich darüber freuen, dass die Luftfahrtindustrie nach der jüngsten Einigung zwischen den USA und der EU von Zöllen ausgenommen wird.