Die größte Terminal-Gesellschaft im Hamburger Hafen bekommt eine neue Führungsspitze. Neuer Vorstandsvorsitzender der HHLA AG wird zum 1. Oktober der 52 Jahre alte Jeroen Eijsink. Er löst Angela Titzrath ab, die nach knapp neun Jahren an der HHLA-Spitze ausscheidet. Sie hatte schon länger nicht mehr das volle Vertrauen der Gesellschafter gehabt. Erkennbar wurde das im Kontext mit dem Einstieg der weltgrößten Reederei MSC als neue HHLA-Großaktionärin. Davon hatte Titzrath erst erfahren, als die Stadt Hamburg (mit damals 69 Prozent Aktienanteil) schon handelseinig mit MSC war. Als Affront wurde es in diesem Frühjahr interpretiert, dass die Stadt und MSC den Dividendenvorschlag des Vorstands ablehnten, nachdem er schon publik gemacht worden war. Der Vertrag der 59 Jahre alten Titzrath läuft noch bis 2029, weshalb ihr eine Abfindung in Millionenhöhe gewährt wird.
Mit Jeroen Eijsink, der zunächst für drei Jahre bestellt ist, gewinne die HHLA eine „international erfahrene Führungspersönlichkeit mit einem tiefen Verständnis für die Herausforderungen und Chancen globaler Logistik“, wird HHLA-Aufsichtsratschef Rüdiger Grube in einer Pressemitteilung zitiert. Sein klarer Blick für Effizienz und Innovation würden die HHLA in einer entscheidenden Phase der Weiterentwicklung stärken, heißt es weiter.

Eijsink startete nach dem BWL-Studium an der Erasmus-Universität in Rotterdam seinen Berufsweg bei Siemens, war dann in verschiedenen Managementfunktionen bei der DHL und bei der Spedition C.H. Robinson, bevor er vor zwei Jahren als Vorstandschef zum Transportunternehmen Girteka nach Litauen wechselte. Diesen Posten hat der schon länger in Hamburg lebende Eijsink im April aufgegeben, aus persönlichen Gründen, wie damals mitgeteilt wurde.
Mit dieser Personalentscheidung des Aufsichtsrats dürften auch die Tage von Rüdiger Grube auf dem Posten des HHLA-Aufsichtsratsvorsitzenden gezählt sein. Er habe seinen Rücktritt eigentlich schon auf der Hauptversammlung Anfang Juli bekannt geben wollen, doch die Haupteigentümer hätten ihn gebeten, die Nachfolgeregelung noch zu begleiten, erklärte Grube jüngst in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt. Grube, der am 2. August 74 Jahre alt wird, steht wegen einer Häufung von Aufsichtsratsposten seit längerem in der Kritik. Während der HHLA-Hauptversammlung war Grube von einem der noch verbliebenen Kleinaktionäre sogar ausdrücklich aufgefordert worden, die Versammlung zu verlassen, weil er mit einer zu großen Anzahl von Mandaten gegen das Aktiengesetz verstoße. Beim Schienentechnik-Konzern Vossloh, wo der frühere Grube ebenfalls Aufsichtsratschef ist, hatte der frühere Bahn-Chef auf der Hauptversammlung im Mai eingeräumt: „Zwölf Mandate sind mindestens zwei zu viel, das ist mir natürlich klar.“
Vor 50 Jahren saßen Strippenzieher in vielen Aufsichtsräten
Ämterhäufung war früher in deutschen Unternehmen durchaus weit verbreitet. Der legendäre Chef der Deutschen Bank Hermann Josef Abs saß in den 1960er Jahren als Strippenzieher der alten Deutschland AG gleichzeitig in 30 Aufsichtsräten. Im Jahr 1965 wurde dann die Zahl der maximal zulässigen Aufsichtsratsmandate – in der sogenannten „Lex Abs“ – auf zehn begrenzt. Damals war es üblich, dass sich die Aufsichtsräte nur viermal im Jahr getroffen haben, auch das hat sich deutlich geändert. Laut einer Auszählung der Personalberatung Russel Reynolds trafen sich die Aufsichtsratsgremien der 40 Dax-Schnitt im vergangenen Jahr rund sieben Mal, hinzu kommen die Sitzungen der Ausschüsse. Sobald es in Unternehmen kriselt, kann die Zahl der Aufsichtsratssitzungen deutlich steigen.
Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt börsennotierten Aktienunternehmen seit 2019 maximal fünf Aufsichtsratsmandate, wobei ein Aufsichtsratsvorsitz doppelt zählt. Die Vorgaben des Kodex sind freiwillig. Unternehmen die sich nicht daran halten, müssen laut Aktiengesetz eine solche Abweichung von den Empfehlungen in einer „Entsprechenserklärung“ begründen. Auch die HHLA hat am 9. Dezember 2024 eine solche Erklärung veröffentlicht, in der der Name Grube zwar nicht ausdrücklich genannt wird, aber doch eingeräumt wird, dass die Mandatsgrenzen „derzeit nicht von allen“ Aufsichtsräten eingehalten werden.
Die Abweichung sei aber vertretbar, schließlich sei die Zahl der Mandate nur eine „Indikation“ für die Arbeitsbelastung, sie solle aber „kein allein entscheidendes Kriterium sein, zumal die Wahrnehmung externer Mandate auch einen Mehrwert für die HHLA bieten kann.“ Zu Grubes eigentlich schon angekündigtem Rückzug teilte die HHLA nun mit, es gebe keinen festgelegten Zeitpunkt für einen Wechsel im Aufsichtsratsvorsitz.