Afghanen wurden aus Psychiatrie abgeschoben: War das rechtens?

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Das bayerische Innenministerium hat Vorwürfe „entschieden zurückgewiesen“, der Freistaat habe rechtswidrig gehandelt, weil im jüngsten Abschiebeflug nach Kabul auch mindestens drei Menschen saßen, die in Bayern aus Psychiatrien geholt worden waren. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der F.A.Z.: „Die bayerischen Ausländerbehörden halten sich beim Vollzug von Rückführungen stets an Recht und Gesetz, so auch bei der vorliegenden Sammelchartermaßnahme nach Afghanistan.“ Mit dem Flug seien „ausreisepflichtige schwere Straftäter rückgeführt“ worden.

„Konkret waren in den drei Fällen, die aus einer Forensischen Psychiatrie in Unterfranken rückgeführt wurden, die Betroffenen wegen versuchten oder vollendeten Totschlags bzw. Mordes untergebracht.“ Es habe sich mithin um Personen gehandelt, die eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit und die bayerische Bevölkerung darstellten. Der Rechtsstaat gebiete es, äußerte Herrmann, solche Straftäter – unter Einhaltung aller Standards des deutschen und europäischen Rechts – außer Landes zu bringen. „Das sind wir auch den Opfern ihrer Taten schuldig.“

Der Bayerische Rundfunk hatte unter Berufung auf einen „Betreuer“ eines Afghanen von den Fällen berichtet. Der Betreuer sowie Flüchtlingsorganisationen berufen sich auf Paragraf 60 des Aufenthaltsgesetzes, der Verbote von Abschiebungen regelt. Darin heißt es etwa, dass von einer Abschiebung abgesehen werden soll „bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden“.

„Ausreisepflichtig und reisefähig“

Es heißt darin aber auch: „Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.“ Außerdem gilt das Abschiebeverbot nicht für Leute, „die aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen“ seien.

Herrmann sagte der F.A.Z. weiter: „Das BAMF als allein zuständige Bundesbehörde hat in den konkreten Fällen keine Abschiebungsverbote, etwa wegen einer angeblich unzureichenden medizinischen Versorgung im Herkunftsland, festgestellt.“ Die Abschiebungsandrohungen waren in allen Fällen bestandskräftig. Die Betroffenen seien jeweils vollziehbar ausreisepflichtig und reisefähig gewesen. Letzteres sei von der Ausländerbehörde geprüft und bejaht worden.

Herrmann setzte hinzu: „Das BAMF sowie – im Klagefall – die Verwaltungsgerichte beziehen die Lage vor Ort in jede individuelle Entscheidung ein. Sie sind bei den rückgeführten, afghanischen Straftätern nicht zu dem Schluss gekommen, dass diesen Personen bei einer Rückkehr eine individuelle Gefahr oder Verelendung drohen würde, die zur Verhängung eines Abschiebungsverbotes geführt hätten.“ Der Staatsregierung lägen auch keine Erkenntnisse vor, dass rückgeführte Straftäter in Afghanistan zu Schaden gekommen wären.