Digitale Anwendung zeigt Folgen des Klimawandels

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Stand: 01.08.2025 06:11 Uhr

Wie viel kühler wäre die Innenstadt, wenn mehr Bäume gepflanzt würden? Wie viel CO2-Ausstoß verursacht der Verkehr gerade? Antworten darauf soll in Zukunft eine neue digitale Anwendung liefern.

Von Michael Lang und Lilly Zerbst, SWR

Den Klimawandel erlebbar machen – das wollen Forschende der Hochschule Mannheim in Kooperation mit der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Im Projekt Crafting Futures (dt.: Zukünfte gestalten) entwickeln sie eine digitale Anwendung, die die unsichtbaren Folgen des Klimawandels in Städten für jeden sichtbar machen sollen.

Das Programm soll Größen wie Temperatur, Starkregen und Emissionen direkt vor Ort visualisieren. Nutzerinnen und Nutzer können so in Zukunft auf dem eigenen Smartphone, Tablet oder mit einer Datenbrille sehen, was in den Straßen passiert, wenn sich nichts ändert – oder wie die Welt aussehen könnte, wenn auf den Klimawandel vor Ort reagiert würde.

Digitale Daten eingebettet in die reale Umgebung

Für die Visualisierung der aktuellen Emissionen und Wetterlage benötigen die Forschenden vor allem eins: Daten. Die Informatiker der Technischen Hochschule Mannheim nutzen dafür schon Wetterstationen und andere Messstellen innerhalb der Stadt.

Klimadaten, Daten über Infrastruktur, Bevölkerung aus Verwaltungen, Behörden, Hochschulen – das sammelt Martin Memmel, Leiter des SmartCity Living Lab am DFKI Kaiserslautern. Sein Team besucht dafür Verwaltungen in Kommunen. Dabei stoßen die Forschenden immer wieder auf organisatorische Hürden. Denn die benötigten Daten liegen bei den Ämtern. Für die Bereitstellung fehle das entsprechende Personal, so Martin Memmel vom DKFI. “Diese Aufgabe ist auf kommunaler Ebene in der Regel sehr schwer. Die meisten machen es so gut, wie es irgendwie geht, aber es ist extrem viel Luft nach oben. Überall in Deutschland.”

Aufbereitung der Daten sehr aufwendig

Neben der Datenbeschaffung ist die Gestaltung der Programme, um alle möglichen Zukunftsszenarien zu berechnen, sehr aufwendig. Auch das liegt daran, dass es oft keine einheitlichen Standards für die Informationen aus Behörden, Ämtern und Universitäten gibt. Heinz Kirchmann, Softwareingenieur vom DFKI meint: “Immer wieder muss man diese Sachen irgendwie in eine einheitliche Form bringen, damit man sie vernünftig verarbeiten kann.”

Mit Hilfe von KI sollen am Ende viele Zukunftsszenarien in einer Stadt dargestellt werden. Wie sehr würden Bäume einen Marktplatz kühlen, was bewirkt ein Brunnen? Könnte man einen Radweg bauen? Viele erste Versuche mit KI seien vielversprechend, aber die KI müsse auch noch lernen, sagt Martin Memmel, Leiter des SmartCity Living Lab vom DFKI in Kaiserslautern und verweist auf ein mit KI generiertes Bild von einem Radweg vor dem Rathaus. Das Bild zeigt Treppenstufen auf dem Radweg. “Hier wird man noch viel Energie reinstecken müssen. Diese Anfrage ans System so gut zu machen, dass so was eben nicht mehr passiert”, sagt Memmel.

Programm erlaubt Blick in die Zukunft

Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sollen Nutzerinnen und Nutzer dann später jede verfügbare Information vor Ort abfragen können. Die Nutzer können so nicht nur aktuelle Emissionen und Temperaturen einsehen, sondern auch mit dem eigenen Handy in die Zukunft schauen. Und zwar, indem in die reale Umgebung Visualisierungen von Ist- und Zukunftsdaten eingebettet werden. So sollen die Folgen des Klimawandels unmittelbar spürbar werden – und zwar direkt vor der Haustür.

Die Forschenden glauben, dass, wenn mehr Menschen sehen können, wie zum Beispiel ihre Straßen wegen des Klimawandels durch Starkregen überschwemmt werden oder Innenstädte überhitzen, diese aktiv werden. Denn “solange Ursachen, Folgen und Wirkungszusammenhänge nur theoretisch vorliegen, bleibt Handeln aus”, sagt Till Nagel, Projektleiter am Human Data Interaction Lab der Hochschule Mannheim.