Arzneimittelpreise: Trump erhöht Druck auf Pharmakonzerne

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Nachdem er in dieser Woche schon die europäische Pharmaindustrie mit Zöllen in Höhe von 15 Prozent belegt hatte, nahm sich US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum Freitag die größten Pharmakonzerne der Welt gesondert zur Brust. In einem Brief an 17 der größten Unternehmen der Branche wiederholte er seine Forderung nach unverzüglichen Senkungen der Arzneimittelpreise in den USA und forderte sie auf, „amerikanischen Familien“ binnen 60 Tagen dieselben Preise für Medikamente zu gewähren wie in anderen Ländern.

Der Präsident hatte schon im Mai ein entsprechendes Dekret unterzeichnet. Die anschließend innerhalb von 30 Tagen vorgesehenen Gespräche mit den Konzernen haben jedoch offenbar nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Nun gibt Trump den ausgewählten Unternehmen – darunter der deutsche Pharmaprimus Boehringer Ingelheim und der Merck-Konzern aus Darmstadt – bis zum 29. September Aufschub, um seinen Forderungen „freiwillig“ nachzukommen. Andernfalls werde er „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um amerikanische Familien vor anhaltenden missbräuchlichen Preispraktiken bei Medikamenten zu schützen“, heißt es in den Schreiben an Unternehmensvertreter, die Trump zudem in seinem sozialen Netzwerk Truth Social veröffentlichte.

Medikamente sollen so günstig werden wie in anderen Ländern

In den Briefen, die unter anderem an die Abnehmspritzenkönige Eli Lilly und Novo Nordisk, die US-Pharmariesen Pfizer, Johnson & Johnson und Bristol-Myers Squibb, die europäischen Größen Sanofi und Astra-Zeneca sowie an die US-Tochter des Schweizer Roche-Konzerns und dessen Basler Rivalen Novartis gingen, führte Trump diverse Forderungen auf. So sollen die Preise für bestehende Medikamente im Rahmen des US-Gesundheitsprogramms Medicaid für Geringverdiener unverzüglich gesenkt werden. Außerdem verlangte er, dass künftige Medikamente zu Preisen auf den Markt gebracht werden, die denen im Ausland entsprechen.

Der Haken daran ist, dass die USA wegen der hohen Preise, die Unternehmen dort erzielen können, stets der erste Markt sind, auf dem neue Präparate zu Patienten gelangen. Eine Vergleichsbasis für die Preise gibt es zu diesem frühen Zeitpunkt also nicht. Zudem sollen die Unternehmen bestimmte weitverbreitete Medikamente direkt an Patienten zu Preisen anbieten, die den Rabatten entsprechen, die Arzneimittelhersteller derzeit Drittversicherern gewähren.

Zweifel am Erfolg der Maßnahmen

An der Börse verfehlte Trumps jüngste Attacke ihre Wirkung nicht. Pharmawerte starteten am Freitag klar im Minus. Am stärksten traf es zunächst den dänischen Novo-Konzern, der ohnehin eine schwere Woche hinter sich hat. Die Aktie von Merck verlor im deutschen Leitindex Dax zeitweise mehr als zwei Prozent an Wert. Es gibt jedoch Zweifel daran, dass Trump mit seinen Drohungen ans Ziel kommt. „Obwohl die heutige Ankündigung für Schlagzeilen sorgt, halten wir es weiterhin für unwahrscheinlich, dass die Trump-Regierung diese Maßnahmen erfolgreich umsetzen kann“, erklärte Evan Seigerman, Analyst bei BMO Capital Markets, in einer Mitteilung. In einigen Fällen „fehlt Trump wahrscheinlich die rechtliche Handhabe, um seine Pläne umzusetzen“.

An solchen Feinheiten stört sich der US-Präsident bekanntlich nicht. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er versucht, die großen Unterschiede bei den Arzneimittelkosten zwischen den USA und dem Ausland anzugehen – damals ohne Erfolg. Die Pharmaindustrie wehrt sich wiederum vehement gegen global verknüpfte Arzneimittelpreise. Diese würden aus Sicht der Branche die Anreize für die Entwicklung neuer Therapien mindern und Patienten daran hindern, benötigte Medikamente zu erhalten.

In Gesprächen mit der US-Regierung hatten Konzernvertreter deshalb versucht, die in den USA für Preisverhandlungen von Arbeitgebern eingebundenen Zwischenhändler, sogenannte Pharmacy Benefit Manager, in den Fokus der Trump-Administration zu rücken. Das war Trump jedoch nicht genug, wie er in seinen Schreiben deutlich zum Ausdruck brachte.