Trumps Zollpolitik: Rückkehr zur königlichen Willkür?

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Der Anspruch des Präsidenten Donald Trump, Zölle eigenmächtig zu erlassen, berührt nicht nur wirtschaftliche Fragen, sondern das Selbstverständnis der amerikanischen Demokratie. Seine Regierung interpretiert den International Emergency Economic Powers Act von 1977 als ein Ermächtigungsgesetz, das dem Präsidenten erlaubt, jeden beliebigen Zollsatz gegen jedes beliebige Land zu jeder beliebigen Zeit und aus nahezu jedem beliebigen Grund zu verhängen. Diese Deutung ist nicht nur juristisch umstritten, wie das Urteil des Internationalen Handelsgerichts zeigt. Sie widerspricht auch den Gründungsidealen der Vereinigten Staaten.

Das Land entstand aus dem Widerstand gegen die Willkür der britischen Krone. Die Bürger der dreizehn Kolonien rebellierten nicht nur gegen hohe Steuern, sondern gegen die Tatsache, dass diese Steuern ohne ihre Mitwirkung festgelegt wurden. „No taxation without representation“ war der Leitspruch der Revolutionäre – keine Besteuerung ohne parlamentarische Vertretung.

Zölle standen im Zentrum der Konflikte. Großbritannien hatte mit den Townshend Acts 1767 eine Reihe von Zöllen auf Glas, Papier und Tee festgeschrieben. Diese Produkte hatten gemeinsam, dass sie legal nur durch Importe aus Großbritannien beschafft werden konnten. Die Gesetze provozierten Boykotte und Aufstände gegen die Kolonialherren.

Die Boston Tea Party war eine direkte Reaktion auf diese Zwangsabgaben. Die amerikanische Revolution war auch eine Zollrevolte gegen die Anmaßung der britischen Krone. In der Unabhängigkeitserklärung heißt es: „Die Regierungszeit des gegenwärtigen Königs von Großbritannien ist von unentwegtem Unrecht und ständigen Übergriffen gekennzeichnet, die alle auf die Errichtung einer absoluten Tyrannei in den Staaten abzielen.“ Zu den Klagepunkten der Deklaration gegen Englands König Georg III., mit der ihre Verfasser die Trennung vom Mutterland begründeten, gehörte überdies: „Dafür, dass er unseren Handel mit allen Teilen der Welt abgeschnitten hat.“

Ein System gegenseitiger Kontrolle

Die Verfassung von 1787 zog die Konsequenz aus dieser Erfahrung. Geprägt durch einen ihrer Verfasser, James Madison, sollte die Tyrannei verhindert werden, indem die Befugnisse der nationalen Regierung in drei klar voneinander getrennte Gewalten aufgeteilt wurden: die Legislative (Kongress), die Exekutive (Präsident) und die Judikative (Oberster Gerichtshof). Um darüber hinaus sicherzustellen, dass keine dieser Gewalten zu dominant wird, setzte Madison ein System gegenseitiger Kontrolle durch.

Jede Gewalt erhielt bestimmte Befugnisse, um die Handlungen der anderen Gewalten zu begrenzen. Madison forderte überdies, dass die Befugnisse, die rechtmäßig einem der Regierungszweige zustehen, nicht direkt und vollständig von einem der anderen Regierungszweige ausgeübt werden sollen. Daran erinnerten die Richter jetzt, als sie im Mai Trumps Zölle für illegal erklärten.

Dabei geht es nicht um die Frage, wie protektionistisch die amerikanische Regierung sein darf. Aktuell versuchen konservative Ideologen, das 19. Jahrhundert als Blütezeit der amerikanischen Wirtschaft zu vermarkten, die durch hohe Importzölle ermöglicht wurde. Die Gründungsväter der Republik betrachteten Zölle als notwendig, um Staatseinnahmen zu erzielen nach zehrenden Kriegen, skeptisch jedoch sahen die meisten den Einsatz von Zöllen zum Schutz junger Industrien. Nach dem Unabhängigkeits- und dem Bürgerkrieg waren die Zölle hoch, um die Staatsfinanzen zu sanieren, während die Wirtschaft stark wuchs.

Aber dabei handelte es sich größtenteils um ein „Aufholwachstum“ – also eine beschleunigte wirtschaftliche Erholung, die klassisch ist für Nachkriegsphasen. Zölle waren zuletzt dafür verantwortlich, zumal sie den Nebeneffekt hatten, dass die betroffene Industrie ihre Kraft auf Lobbyarbeit und Hinterzimmerdeals konzentrierte, um lukrative Ausnahmen für sich durchzusetzen, statt eigene Produkte wettbewerbsfähiger zu machen. Die durch den Protektionismus befeuerte Korruption auszumerzen, war ein Motiv für die Einführung der Einkommensteuer.

Trump kann sich trösten, dass Präsidenten eine bedeutende Machtfülle verbleibt. Sie können ihre monarchistischen Gelüste stillen, indem sie prunkvolle Ballsäle bauen lassen, Militärparaden abhalten, das Oval Office mit Blattgold überziehen oder Spitzenbeamtinnen feuern, wenn diese nicht genehme Daten veröffentlichen. Seine Zölle aber sind wirtschaftlich schädlich und vermutlich illegal. Vor allem aber sind sie unamerikanisch.