Neuer Meeressaurier in Fossil aus Baden-Württemberg entdeckt

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Stand: 05.08.2025 14:31 Uhr

Neue Analysen zeigen: Ein Fossil aus dem Naturkundemuseum Stuttgart ist ein bisher unbekannter Meeressaurier – mit einem ungewöhnlich langen Hals. Gefunden wurde es in einem kleinen Ort in Baden-Württemberg.

Bis zu dreieinhalb Meter lang, ein außergewöhnlich langer Hals mit einem eher kleinen Kopf und scharfen, dünnen Zähne zum Fische fangen – so sah das Tier vermutlich aus, dessen fossile Überreste Sven Sachs im Naturkundemuseum Stuttgart untersucht hat. Sachs ist Paläontologe am Naturkundemuseum Bielefeld und Experte für Plesiosaurier. Das ist eine Gruppe von Reptilien, die im Meer gelebt hat und gleichzeitig mit den Dinosauriern, die auf dem Land lebten, ausgestorben sind. 

Das Plesiosaurier-Exemplar, das Sachs in Stuttgart untersuchte, war ihm bereits bei früheren Besuchen der Sammlung aufgefallen. Denn: “Der Hals war für einen Plesiosaurier aus dieser Zeit ungewöhnlich lang.”

Das Fossil des Reptils Plesionectes longicollum (“Langhals-Nahschwimmer”) stammt aus einem Steinbruch in Baden-Württemberg. Es lag Jahrzehnte in der Sammlung des staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart. Das Reptil hatte einen sehr langen Hals und schwamm zur Zeit der Dinosaurier durchs Meer.

Der “Langhals”

Seine Analysen zeigten: Das Tier war wahrscheinlich ein Jungtier, lebte vor etwa 183 Millionen Jahren und es handelt sich tatsächlich um eine bisher unbekannte Saurierart. Sachs und sein Co-Autor Daniel Madzia von der Akademie der Wissenschaften Warschau veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift PeerJ. Sie nannten das neu-entdeckte Tier “Plesionectes longicollum”.   

Longicollum bedeutet auf deutsch “Langhals”. Denn das Tier besaß mindestens 43 Halswirbel. “Wir vermuten jedoch, dass noch ein oder zwei Halswirbel mehr vorhanden gewesen sein könnten”, so Sachs. Das wäre ein Rekord unter den Plesiosauriern aus dieser Zeit.  

Eine Besonderheit: “Die Plesiosaurier waren eine recht diverse Gruppe”, so der Paläontologe Sachs. “Sie hatten ganz verschiedene Körperformen von großen Köpfen, kurzen Hälsen bis zu gigantisch langen Hälsen. Zu der Zeit von dem jetzt bestimmten Plesionectes begann die Evolution dieser Tiere erst, ein so langer Hals war eher ungewöhnlich.” Das änderte sich erst einige Millionen Jahre später. 

Holzmaden – weltberühmt für seine Fossilien

Und das Fossil hat noch eine weitere Besonderheit: “Die Entdeckung von Plesionectes ist besonders bedeutsam, da es sich um eine sehr seltene Art handelt und Weichteile des Tiers erhalten geblieben sind”, sagt Erin Maxwell. Sie ist Kuratorin für fossile aquatische Wirbeltiere am Naturkundemuseum Stuttgart und betreut dort die Sammlung aus dem sogenannten Posidonienschiefer von Holzmaden. 

In dieser Region wurde im Jahr 1978 auch das jetzt untersuchte Fossil von Plesionectes longicollum gefunden. Der kleine Ort Holzmaden, süd-östlich von Stuttgart ist weltweit bekannt für die Fülle an Fossilien, die dort gefunden wurden. “Hier sind bereits Tausende von Funden zum Vorschein gekommen”, sagt Sachs vom Naturkundemuseum Bielefeld. Häufig seien diese sehr gut erhalten, zum Teil mit Überresten von Weichteilen wie Fettgewebe oder auch Blut. 

Schlummernde Schätze in der Sammlung

Der Grund: Wahrscheinlich waren an diesem Ort die Bedingungen am Meeresgrund lebensfeindlich. “Das führte dazu, dass tote Tiere, die auf den Meeresboden gesunken sind, nicht von Räubern gefressen wurden”, so Sachs. “Das ist eine Besonderheit und tatsächlich stammen die meisten Plesiosaurierfunde, wo man Reste der Weichteile findet, aus Holzmaden.”

“Die Entdeckung des neuen Plesiosauriers zeigt, dass trotz mehr als 200 Jahren wissenschaftlicher Forschung an den Meeressauriern vom Fundort in Holzmaden weiterhin Neues entdeckt werden kann”, sagt Erin Maxwell vom Naturkundemuseum Stuttgart. Sicherlich gebe es in den wissenschaftlichen Sammlungen des Museums noch weitere unbekannte Arten von diesem Fundort. 

Dinos gut erforscht – aber Plesiosaurier?

Auch Sven Sachs ist sich sicher, dass in den nächsten Jahren überall auf der Welt noch viele weitere Plesiosaurier entdeckt werden: “Es gibt Gruppen innerhalb der fossilen Reptilien, für die haben sich in den letzten Jahrzehnten viele Leute interessiert – Dinosaurier zum Beispiel oder Flugsaurier. Diese Gruppen sind entsprechend gut erforscht.”

Bei Meeressauriern hingegen gebe es nicht viele Menschen, die diese gezielt erforschen würden. “Wenn man bedenkt, dass es Plesiosaurier eigentlich überall in der Welt gibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in dem Material, das bereits in den Museen liegt, noch neue Gattungen findet, relativ hoch.”