USA planen Atomkraftwerke auf dem Mond – geht das überhaupt?

11

Stand: 05.08.2025 15:59 Uhr

Die NASA plant, einen Atomreaktor auf dem Mond zu errichten. Laut Medienberichten werden die Pläne in den USA konkreter. Wie realistisch ist das und wie würde solch ein Atomkraftwerk auf dem Mond aussehen?

Von Uwe Gradwohl und Pascal Kiss, SWR.

Bis 2030 möchte die NASA laut Medienberichten einen Atomreaktor auf dem Mond bauen – als Teil eines Wettstreits mit China. So wollen die USA und China zurück auf den Mond. Nach mehr als 50 Jahren sollen wieder Menschen auf der Mondoberfläche landen.

Langfristig sind bemannte Mondstationen geplant. Um diese dauerhaft mit Energie zu versorgen, braucht es zuverlässige Stromquellen. Ein Kernreaktor könnte hier eine Lösung sein – besonders in den zweiwöchigen Mondnächten, in denen Solarmodule keinen Strom liefern.

Warum Mond-AKWs ganz anders aussehen würden

Genaue Konstruktionspläne für ein Atomkraftwerk (AKW) auf dem Mond gibt es noch nicht. Doch schon jetzt steht fest, dass ein AKW dort ganz anders aussehen und funktionieren wird. Auf der Erde nutzen AKWs Dampfturbinen. Durch die Spaltung von radioaktivem Material entsteht Wärme, mit der dann Wasser erhitzt wird. Der entstehende Wasserdampf treibt dann die Dampfturbinen an, die dann wiederum elektrischen Strom produzieren.

Dafür braucht es jedoch Wasser. Zwar werden auf dem Mond kleine Wassermengen vermutet. Diese sollen sich aber in kalten und dunklen Kratern am Südpol befinden, welche schwer zugänglich sind. Und die Dampfkreisläufe stehen bei Atomkraftwerken auf der Erde unter Druck und müssen regelmäßig gewartet werden. Diese komplexe Technik mit vielen beweglichen Teilen ist für den Einsatz auf dem Mond ungeeignet – zu anfällig, zu wartungsintensiv.

Auf dem Mond würde man also auf Dampfturbinen verzichten. Stattdessen kann die Zerfallswärme direkt in Strom umgewandelt werden – mithilfe sogenannter thermoelektrischer Wandler. Deren Wirkungsgrad ist aber viel geringer als der eines Kraftwerks mit Dampfturbinen auf der Erde. Dafür sind sie robuster, weil sie keine oder nur wenige bewegliche Teile enthalten.

Ein Atomreaktor auf dem Mond wäre eine ganz andere Anlage als die, die es auf der Erde gibt: viel kompakter, kleiner, mit viel weniger Leistung. In den aktuellen Medienberichten über die US-Pläne ist von einem Reaktor mit 100 Kilowatt Leistung die Rede – das entspricht nur einem Bruchteil der Leistung eines herkömmlichen Atomkraftwerks.

Mondreaktor auch politisch brisant

Mit den USA und China gibt es gerade vor allem zwei Nationen, die in den 2030er-Jahren ständige Mondbasen bauen wollen. China plant derzeit zusammen mit Russland ein Atomkraftwerk auf dem Mond zu bauen. Die Pläne werfen auch politische Fragen auf.

Eine entscheidende Frage ist, ob bestimmte Mondgebiete durch technische Anlagen – etwa atomare Kraftwerke – für andere Nationen gesperrt werden könnten. Solche Sperrzonen könnten offiziell mit Sicherheitsbedenken begründet werden, etwa dem Schutz vor radioaktiver Strahlung. In der Praxis könnten sie dazu führen, dass eine Nation de facto territoriale Ansprüche auf dem Mond erhebt.

Territoriale Ansprüche sind aber ein klarer Widerspruch zum Mondvertrag von 1979, der den Mond als gemeinsames Erbe der Menschheit definiert. Allerdings hat der Vertrag wenig Gewicht, da ihn nur wenige Staaten ratifiziert haben. Die Entwicklung von Atomkraft auf dem Mond könnte somit nicht nur technologisch, sondern auch geopolitisch wegweisend sein.

Strom für Raumfahrt schon heute aus radioaktivem Zerfall

Ein Großteil der Energie in der Raumfahrt kommt von Solarzellen. So ist zum Beispiel die Internationale Raumstation ISS mit sehr großen Solarzellen ausgestattet. Auch Mondsonden nutzen das in der Regel. Auf dem Mars ist das Sonnenlicht wegen der größeren Entfernung nicht mehr so intensiv. Hier verstauben auch Solarzellen recht schnell.

Deshalb rollen die US-amerikanischen Mars-Rover mit Strom aus Radionuklidbatterien, auch als Atombatterien bezeichnet. Sie gewinnen ihre Energie aus radioaktivem Zerfall von Plutoniumoxid. Dabei kommt es zu keiner Kernspaltung. Die Batterie ist also auch kein kleines Atomkraftwerk.

Seit mehr als vier Jahren fährt der Rover “Perserverance” über den Mars. Auch er bezieht seinen Strom durch Radionuklidbatterien.

Das Verfahren hat einen schlechten Wirkungsgrad, es gibt viel Umwandlungsverlust, aber für so einen Rover reichen ein paar hundert Watt und die Nuklidbatterie braucht keine Wartung und funktioniert viele Jahre auch durch tiefkalte Marsnächte und Marswinter hindurch. Da ist der schlechte Wirkungsgrad verkraftbar.

Ein AKW auf dem Mond könnte langfristig die Grundlage für viele weitere Raumfahrtmissionen bieten – für den Bau von Mondstationen oder sogar zukünftige Missionen zum Mars. Doch bis dahin sind noch viele technologische Herausforderungen zu lösen.