Die Anleger haben auf die am Wochenende veröffentlichen Ergebnisse des europäischen Bankenstresstests erleichtert reagiert. Bankaktien legten seit Wochenanfang an allen europäischen Börsen zu, offenkundig verfing die Botschaft, dass Europas Banken auch eine schwere Krise gut kapitalisiert überstehen würden. In vielen Länderindizes etwa in Spanien und Italien sind Bankaktien in dieser Woche sogar bisher die größten Gewinner.
Die positive Börsenreaktion ist verständlich mit Blick auf das relative Abschneiden der südeuropäischen Banken im Stresstest. Denn die spanische Bank BBVA , die seit Kurzem auch in Deutschland aktiv ist, und die hierzulande schon lange bekannte Santander verbrauchten in einer über drei Jahre hinweg laufenden Rezession für Kreditausfälle weniger als zwei Prozentpunkte ihrer Kernkapitalquote. Auch die italienische Unicredit, die sich für den Kauf der Commerzbank interessiert, verzehrte mit 2,8 Prozentpunkten unterdurchschnittlich an Kernkapitalquote.
Die deutschen Kreditinstitute Commerzbank und Deutsche Bank dagegen gaben unter dem Stress einer über drei Jahre simulierten Rezession 4,8 und 3,8 Prozentpunkte an Kernkapitalquote ab. Beide landeten damit auch auf einer niedrigeren Kapitalbasis als der europäische Durchschnitt. Gleichwohl legten auch die Kurse von Deutsche Bank und Commerzbank nach Veröffentlichung der Stresstestergebnisse kräftig zu und waren Spitzenreiter im Dax. Die Commerzbank-Aktie kletterte am Montag sogar nach einem Sprung um fünf Prozent erstmals seit dem Frühjahr 2011 auf mehr als 33 Euro.
Deutsche Banken härter gestresst
Möglicherweise realisierten die Anleger, dass die deutschen Banken im Stresstest mit einem überdurchschnittlich harten Krisenszenario konfrontiert worden waren: So nahmen die Aufseher an, dass die deutsche Wirtschaft über drei Jahre um 7,5 Prozent schrumpft, für ganz Europa unterstellten sie dagegen eine Wirtschaftsschrumpfung um 6,3 Prozent, allerdings nicht ohne Grund: Deutsche Banken haben besonders viele Kredite an exportabhängige Unternehmen vergeben, für die angesichts der geopolitischen Spannungen eine derart schwere Rezession noch mal eine besondere Last wäre.
Eine Last für Vorstand und Belegschaft mag der Großaktionär Unicredit sein, der anscheinend eine Komplettübernahme der Commerzbank plant und zuletzt an den Geschäftsergebnissen des ersten Quartals ein Stück weit herummäkelte. Unicredit kann es nicht gefallen, dass der Aktienkurs der Commerzbank steigt und steigt und damit eine Übernahme tendenziell immer teurer wird. Allerdings könnte Unicredit auch ein Stück weit mit eigenen Aktien bezahlen: Im europäischen Aktienindex Euro Stoxx 50 ist in den vergangenen sechs Monaten nur die Aktie des Rüstungsunternehmen Rheinmetall besser gelaufen, Unicredit kommt mit einem Zuwachs von gut 40 Prozent auf Rang zwei.
Kursverluste vor den Halbjahreszahlen
Die Commerzbank-Aktie ihrerseits ist in den vergangenen sechs Monaten um sage und schreibe 80 Prozent geklettert. Am Dienstag allerdings kam Nervosität auf: Der Kurs geriet ins Rutschen, die Aktie verlor 6 Prozent auf weniger als 31,50 Euro und war damit größter Verlierer im Dax.
Vor der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen am 6. August haben die Analysten der Investmentbank KBW das Kursziel für die Commerzbank von 28 auf 32 Euro erhöht – sehen also kein Kurspotential mehr. Dabei erwarten sie, dass der Commerzbank-Vorstand am 6. August seine Prognose für die wichtigste Einnahmequelle, den Zinsüberschuss, von bisher 7,8 auf acht Milliarden Euro erhöht. Auch darüber hinaus erwartet KBW gute Geschäftszahlen, die aber schon vom Markt eingepreist seien.
Tatsächlich erwarten 14 von der Commerzbank befragte Analysten im Schnitt, dass der Gewinn der Nettogewinn der Bank im zweiten Quartal 2025 gegenüber dem zweiten Quartal 2024 um 31 Prozent auf 369 Millionen Euro zurückgegangen ist. Ursächlich ist ein Stellenabbau im Inland, für den die Commerzbank mit 700 Millionen Euro Restrukturierungskosten plant, den sie hauptsächlich im zweiten Quartal buchen wird. Dank eines starken ersten Quartals könnte allerdings das Vorjahreshalbjahresergebnis von 1,3 Milliarden Euro nur knapp verfehlt oder vielleicht sogar doch übertroffen werden. Zu diesen Spekulationen trug die polnische Tochtergesellschaft M-Bank bei, die in der vergangenen Woche schon gute Quartalszahlen vorlegte und ihren Gewinn mehr als verdoppelte.