Das Resultat ist paradox: Japan nimmt als einziges Opfer von Atombombenangriffen eine Sonderstellung ein, die dazu führt, dass die Geschichte des Zweiten Weltkriegs oftmals von hinten erzählt wird. Anders ausgedrückt: Es wird viel an Hiroshima und Nagasaki erinnert, aber japanische Kriegsverbrechen wie die Verschleppung unzähliger asiatischer Zwangsarbeiter oder von zur Prostitution gezwungenen Frauen etwa aus Korea wird dahinter bisweilen gerne vergessen.
In Japan wird es wie in Deutschland bald keine Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs geben. Was bedeutet das für die Erinnerung?
Im Nachkriegsjapan waren es die Überlebenden, die ganz wesentliche Impulse für die Erinnerung und den Frieden gegeben haben. Das gilt für die Überlebenden von Hiroshima, die immer wieder vor Atomwaffen gewarnt und für eine kernwaffenlose Welt geworben haben, aber auch für die Überlebenden des Luftangriffs auf Tokio vom März 1945, die ein privat finanziertes Museum errichtet haben. Noch gibt es einige Überlebende, aber es handelt sich um Menschen, die damals sehr, sehr jung gewesen sind. In Japan werden nun “Kataribe” ausgebildet, Geschichtenerzähler, die die Erinnerung wachhalten sollen. Ich bin gespannt, ob das funktioniert.
Herr Melber, vielen Dank für das Gespräch.