Kinder aus Gaza: Auswärtiges Amt weist Angebot der Städte zurück

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Das Auswärtige Amt hat den Appell der Oberbürgermeister von fünf deutschen Großstädten kritisiert, die angeboten hatten, verletzte oder traumatisierte Kinder aus dem Gazastreifen oder Israel aufzunehmen. „Diese Idee ist nett für den Wahlkampf oder um damit punkten zu wollen, den Menschen selbst hilft sie aber nicht“, sagte Staatsministerin Serap Güler (CDU) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Viel wichtiger und hilfreicher ist es, Länder in der Region zur Aufnahme zu motivieren“, so Güler.

Hier sei Deutschland bereits aktiv und biete auch weitere Unterstützung an. „Diesen Menschen kann am schnellsten und besten direkt in der Region geholfen werden und nicht, indem man sie für den Wahlkampf instrumentalisiert und ihnen diese lange Reise zumutet.“ Güler spielte damit darauf an, dass den Appell auch die Oberbürgermeister von Düsseldorf und Bonn unterzeichnet haben, wo am 14. September Kommunalwahlen stattfinden. In Bonn und Düsseldorf bewerben sich Katja Dörner (Grüne) und Stephan Keller (CDU) um eine zweite Amtszeit.

Fünf Bürgermeister appellieren an Berlin

Die Initiative war allerdings von Belit Onay (Grüne) ausgegangen, dem Oberbürgermeister der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover. In dem an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Außenminister Johann Wadephul (CDU) gerichteten Brief, den auch die Oberbürgermeister von Leipzig und Kiel unterzeichneten, hieß es, die dramatische Lage in Gaza und Israel bewege auch die Bürger in den fünf Kommunen „seit dem schrecklichen Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und seinen andauernden Folgen“.

Viele Kommunen stünden etwa durch Städtepartnerschaften in engem Austausch mit der Region. „Daher appellieren wir an die Bundesregierung, kurzfristig ein humanitäres Kontingent zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Kinder aus Gaza und Israel zu schaffen. Wir sind bereit, diesen Kindern Schutz zu bieten“, so die fünf Oberbürgermeister. Ihre Städte verfügten über die erforderliche Infrastruktur und medizinische, psychologische und weitere Betreuungsmöglichkeiten, um die Kinder zu begleiten und ihnen die Möglichkeit zu geben, zu genesen und zur Ruhe zu kommen.

Bereits am Montag hatte sich das Innenministerium zurückhaltend geäußert. Die Umsetzbarkeit solcher Initiativen hänge entscheidend von der Sicherheitslage, der Möglichkeit der Ausreise und weiteren Faktoren ab. Derzeit stünde „die Ausweitung der medizinischen Hilfe vor Ort und in regionaler Nähe im Hauptfokus“, so eine Sprecherin.

Kölns Oberbürgermeisterin ist skeptisch

Ähnlich äußerte sich auch Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU). Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Derya Türk-Nachbaur lobte im Sender RTL dagegen die Initiative der fünf Städte. Sie verwies darauf, dass Länder wie Italien und Norwegen bereits aktiv seien. Man rede nicht über Hunderte oder Tausende von Kindern, Italien habe eine mittlere zweistellige Zahl aufgenommen.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) äußerte sich im Gespräch mit der F.A.Z. skeptisch über die Initiative der fünf Städte. „Es liegen aktuell bei uns keine Anfragen seitens Hilfsorganisationen, Landes- oder Bundesregierung vor.“ Gleichwohl habe sie Kontakt zur Bundesregierung aufgenommen, aber von dort ebenfalls die Auskunft bekommen, dass man derzeit mit Hilfsangeboten in der Region plane. Sollte die Bundesregierung ihre Meinung ändern, stehe Köln bereit.

Allerdings seien, so Reker, noch viele Fragen zu klären. „Wie kämen Kinder überhaupt nach Deutschland? Kämen sie wirklich ohne Betreuung? Welchen medizinischen und psychologischen Bedarf hätten sie?“, sagte Reker. „Auf all das müssten wir uns als Kommune vorbereiten, um den Kindern dann auch wirklich helfen zu können und sie nicht bloß zu verwahren.“