René Benko vor Gericht: Der Prozess um die Milliardenpleite in Innsbruck

5

Der Milliardenjongleur René Benko muss sich im Herbst vor Gericht in seiner Heimatstadt Innsbruck verantworten. Ein Antrag seines Anwalts, das Verfahren nach Wien zu verlegen, wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) abgelehnt. Dieser Antrag war damit begründet, dass das Verfahren von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geführt werde und es am Straflandesgericht Wien eine Spezialabteilung für derartige Wirtschaftsfälle gebe. Bei umfangreichen Verfahren ist in solchen Fällen eine Delegierung nach Wien möglich. Jedoch sieht der zuständige Dreirichtersenat des OGH die Voraussetzungen dafür jedoch nicht gegeben. Das Höchstgericht beurteilt das Verfahren wegen Vermögensverschleierung zulasten der Gläubiger in betrügerischer Absicht als nicht umfangreich genug an, um es nach Wien zu delegieren, sagte ein OGH-Sprecher dem ORF Tirol.

Trotz des umfangreichen Ermittlungsverfahrens handelt es sich laut OGH um ein „mittelgroßes Wirtschaftsverfahren“. Die erste Anklage umfasse nur einen von über einem Dutzend Verfahrenssträngen, es gebe deshalb keinen Grund, den Prozess nach Wien zu verlegen. Die Zuständigkeit richte sich nach dem Tatort, wie ein OGH-Sprecher klarstellt. Benko soll Vermögenswerte verschwiegen und damit die Erfüllung von Gläubigeransprüchen im Zuge der Insolvenz geschmälert haben. Die Taten sollen in Innsbruck stattgefunden haben.

Benkos Mutter könnte aussagen

Acht Zeugen wurden von der Staatsanwaltschaft benannt. Es könnten entsprechend dem Antrag der WKStA unter anderem Benkos Mutter Ingeborg, eine weitere Angehörige sowie die früheren Signa-Manager Manuel Pirolt und Marcus Mühlberger aussagen, berichtete die Tageszeitung „Standard“. Die Verwandten hätten allerdings ein Entschlagungsrecht.

Der Gründer des Immobilien- und Handelskonglomerats Signa, Benko, sitzt seit Januar in Wien in Untersuchungshaft. Die WKStA ermittelt in zwölf verschiedenen Strängen im Zuge der milliardenschweren Signa-Insolvenzkaskade. Weil die Ermittlungen derart umfangreich und angesichts verschachtelter Firmenkonstruktionen komplex sind, teilt die Behörde die Bereiche auf. Die nun rechtskräftige Anklage betrifft nur einen kleinen Teil der Vorwürfe und ist die erste gegen Benko nach dem Kollaps. Er bestritt stets sämtliche Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die WKStA wirft Benko unter anderem vor, Investoren getäuscht und Gläubiger geschädigt zu haben. Konkret geht es um Miet- und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von rund 360.000 Euro und eine Schenkung an Angehörige von 300.000 Euro.

Beide sollen „bereits unter dem Eindruck zunehmender Zahlungsschwierigkeiten und einer absehbaren Konkurseröffnung“ vorgenommen worden sein. Der Strafrahmen beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Signa Prime Selection soll schon seit 2014 Verluste schreiben

Signa hat im Herbst 2023 kaskadenartig kollabiert, zahlreiche Investoren aus Europa und Übersee haben dem einstigen Wunderknaben beträchtliche Summen anvertraut und müssen nun entsprechende Verluste hinnehmen. Der Zusammenbruch des Imperiums ist die größte Insolvenz in der Geschichte Österreichs und wegen des internationalen Engagements eine der großen in Europa.

Inzwischen ist klar, dass die Schieflage mancher Unternehmen im Signa-Reich schon wesentlich länger bestand als angenommen. Die für besonders werthaltige Immobiliengesellschaften zuständige Signa Prime Selection AG hat nach einem Bericht der „Kronen Zeitung“ schon seit 2014 verlustreich gewirtschaftet. Gewinne seien nur durch Umgründungen und Aufwertungen möglich gewesen. Das geht laut dem Online-Bericht aus einer Klage des Masseverwalters der Signa Prime Selection gegen eine Benko-Stiftung hervor. Demnach habe der als Unternehmer insolvente Signa-Gründer die Signa Prime über Jahre als ertragsstarke Konzerngesellschaft mit milliardenschwerem Immobilienbesitz in europäischen Innenstadtlagen dargestellt, tatsächlich habe es sich dabei jedoch nur um die Spitze eines Eisbergs gehandelt. Aber unter der Oberfläche habe die heutige Abwicklungs-Gesellschaft operativ bereits seit 2014 negativ bilanziert. Wörtlich heißt es in der Klage im Bericht von „Krone“ zu Signa Prime: Es sei „darauf hinzuweisen, dass das operative Ergebnis, welches ‚Aufwertungsgewinne’ außer Acht lässt, schon seit 2014 jedes Jahr negativ war. Sowohl das sogenannte ‚working capital’ als auch der ‚free cash flow’ waren durchwegs negativ. Die buchmäßigen ‚Aufwertungsgewinne’ entstammten wiederum wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Umgründungsvorgängen und/oder Transaktionen, die sich nur mit dem Ziel, Aufwertungen zu erzielen, erklären lassen.“

„Das gesamte Geschäftsmodell war somit von derartigen Aufwertungsgewinnen abhängig“, zu denen Immobilienbewertungsgutachten beigetragen hätten, die nicht ordnungsgemäß erstellt worden seien, zitiert die Zeitung weiter aus der Klage. Der Signa Prime „mag es zwar gelungen sein, in den Jahren 2022 und vereinzelt auch noch 2023 Geld- oder Kreditmittel von Dritten zu erhalten; dabei handelte es sich jedoch nur mehr um eine ‚Loch-auf-Loch-zu-Politik’ zum Stopfen von Liquiditätslöchern.

Die Klage richtet sich gegen die Ingbe Stiftung der Benkos. In der Ingbe vermuten der Masseverwalter und Anwälte einen Vermögensbunker der Benkos, der nun im Zuge der Aufarbeitung der Milliardenpleite geöffnet werden soll. Benannt ist die Stiftung nach Benkos Mutter Ingeborg, auch in den strafrechtlichen Ermittlungen sind Zahlungen an diese Stiftung Thema. Dieses Vermögensvehikel hat dem gescheiterten Unternehmer über seine Mutter auch nach dem Zusammenbruch einen luxuriösen Lebensstil ermöglicht. Rene Benko habe faktisch auch die Entscheidungen in der Stiftung getroffen, wird nun auch in der Klage angenommen. Dieser selbst wies bisher stets alle Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.