In der Versorgung von Kranken und Gebrechlichen fehlen weiterhin Tausende Beschäftigte – obgleich die Löhne von Pflegekräften überproportional stark gestiegen sind und sich inzwischen an Tarifverträgen orientieren. Und obwohl die Arbeitsbedingungen und Belastungen in der Pflege verbessert wurden. Möglicherweise schrecken also nicht allein zu geringe Bezüge, Überarbeitung und ungünstige Arbeitszeiten von dem Beruf ab, sondern auch andere Missstände, etwa dass man den Mitarbeitern zu wenig zutraut und sie deshalb unzufrieden sind.
Diesen Zuständen widmen sich zwei Gesetzentwürfe, welche Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) am Mittwoch durchs Bundeskabinett gebracht hat. Es geht zum einen um die Einführung einer einheitlichen Pflegeassistenzausbildung; an dieser Vorlage war auch Familienministerin Karin Prien (CDU) beteiligt. Zum anderen um eine Novelle zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege. Die gesetzlichen Änderungen sollen es den Beschäftigten zum Beispiel erlauben, „eigenverantwortlich“ und „weisungsfrei“ Leistungen zu erbringen, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Dazu zählen unter anderem die Wundversorgung sowie die Behandlung von Diabetes- und Demenzpatienten. Auch dürfen Pflegekräfte künftig Folgeverordnungen sowie Hilfsmittel für die häusliche Krankenpflege veranlassen.
Ausbildung oder Studium bereiten auf medizinische Befugnisse vor
„In einer alternden Gesellschaft müssen wir in der Pflege für gute Arbeitsbedingungen sorgen, um mehr Menschen für den Beruf zu begeistern, deshalb wollen wir den Jobeinstieg erleichtern“, sagte Warken. „Und wir wollen Pflegekräfte halten, indem wir ihre Kompetenzen besser nutzen.“ Motivierend wirken sollen auch die Pläne zum Bürokratieabbau. „Jede Minute, die sich eine Pflegekraft nicht mit Formularen beschäftigt, ist eine gewonnene Minute für ihre Pflegebedürftigen“, so die Ministerin.
Die Voraussetzungen für eine mehr medizinisch ausgerichtete Pflege am Bett sind dem Entwurf zufolge ausreichende „heilkundliche Kompetenzen“. Pflegefachpersonen, die eine dreijährige Ausbildung durchlaufen haben, oder solche Kräfte mit einem primärqualifizierenden Studium hätten diese Qualifikation ohnehin erworben. Die nötigen Befugnisse zum Umgang mit Zuckerkrankheit, Wundmanagement und Demenz würden seit 2025 auch in der hochschulischen Ausbildung vermittelt. Zusätzlich soll es Schulungen über eine bundeseinheitliche, staatlich anerkannte Weiterbildung geben.
Vermeidung von Doppelprüfungen
Den Umfang der zulässigen ärztlichen Leistungen sollen die Pflegeberufsverbände und die Selbstverwaltung festlegen. Für den Bürokratieabbau sind geringere Dokumentationspflichten geplant, Doppelprüfungen durch die Heimaufsicht und den Medizinischen Dienst der Kassen will man künftig vermeiden. Anträge auf Pflegeleistungen gelte es zu vereinfachen, hieß es.
Das Pflegefachassistenzeinführungsgesetz sieht vor, die 27 unterschiedlich per Landesrecht geregelten Ausbildungen zu vereinheitlichen. Auch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse wird erleichtert. Die Ausbildung zur Fachassistenz ist anspruchsvoller als die zur Pflegeassistenz. Fachassistenten können eine weiterführende Ausbildung zur Pflegefachkraft durchlaufen.
Das neue Gesetz sieht eine einheitliche und „angemessene“ Bezahlung vor. Bisher wird nur die Hälfte aller Fachassistenzausbildungen vergütet. Die Ausbildungsdauer soll von 2027 an 18 Monate betragen. Voraussetzung ist ein Hauptschulabschluss, es geht bei „positiver Prognose der Pflegeschule“ aber auch ohne Schulabschluss. Fachassistenten sollen auch Aufgaben von Pflegefachpersonen übernehmen dürfen.
Der Deutsche Pflegerat lobte die Vorhaben. Damit werde der Pflegeberuf als eigenständiger Heilberuf erstmalig fest in der Gesundheitsversorgung verankert, sagte Präsidentin Christine Vogler der Agentur KNA. Den Pflegeberuf und die Ausbildung attraktiver zu machen, hatte sich schon Warkens Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) vorgenommen.