Auf Privathaushalte kommen Entlastungen bei den Energiepreisen zu. Aber zum einen in geringerem Umfang als von der Koalition versprochen und zum anderen nicht beim Strom, den jedermann braucht, sondern nur für Gaskunden. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) eingebrachte Vorlage zur Abschaffung der Gasspeicherumlage beschlossen. Diese beträgt bisher 0,29 Cent je Kilowattstunde und summiert sich insgesamt auf 3,4 Milliarden Euro im Jahr. Ihr Wegfall könnte nach Ministeriumsangaben einen Vierpersonenhaushalt je nach Verbrauch um 30 bis 60 Euro im Jahr entlasten. Die Absenkung macht den Berechnungen zufolge für Haushaltskunden rund 2,4 Prozent des gesamten Gaspreises aus und für Großkunden fünf Prozent.
Bei der Stromsteuer tut sich indes nichts. Die Union und ihr Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hatten im Wahlkampf die Senkung der Steuer „für alle“ auf das europäische Mindestmaß in Aussicht gestellt. Diese Zusage fand sich dann auch im Koalitionsvertrag mit der SPD wieder, sogar als „Sofortmaßnahme“. Doch in der entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses stellte sich heraus, dass andere Entlastungen, etwa die Mütterrente der CSU, wichtiger waren und dass Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) für die Stromsteuersenkung der Privatverbraucher kein Geld übrig hatte. Sie kommt nun nur für Industriekunden.
Weder im Haushalt für 2025 noch für 2026 ist eine Entlastung für Privatkunden vorgesehen. Das ist insofern bemerkenswert, als dass die Union stets argumentiert hatte, sie nehme zwar von dem eigentlich versprochenen „Klimageld“ oder „Klimabonus“ Abstand – der individuellen Rückzahlung der CO₂-Einnahmen an die Verbraucher –, dafür würden die Privathaushalte aber über die Stromsteuer entlastet.
Gasspeicherumlage rückt in den KTF
Daraus wird nun nichts. Allerdings plant die öffentliche Hand andere Erleichterungen, darunter Zuschüsse zu den Netzentgelten und eben das Ende der Gasspeicherumlage, das ebenfalls zu den Sofortmaßnahmen im Koalitionsvertrag zählt. Die geplanten Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz sehen vor, dass künftig nicht mehr der Verbraucher, sondern der Bund für die Kosten aufkommt.
Die 3,4 Milliarden Euro für das sogenannte Umlagenkonto sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) ausgeglichen werden. Vorbild ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Bis 2022 mussten die Verbraucher eine EEG-Umlage zahlen, die den Unterschied zwischen der festen Einspeisevergütung für Ökostromerzeuger und den Marktpreisen ausglich. Inzwischen ist diese Zahlung abgeschafft, die nötigen Mittel stammen aus dem KTF.
Streng genommen ist das Ende der Gasspeicherumlage aber keine Entlastung von regulären Zahlungen, sondern eine Rückkehr zur Normalität. Denn sie wurde erst im Oktober 2022 eingeführt, vor nicht einmal drei Jahren. Das Geld deckt die Zusatzkosten für Gasspeicherbetreiber, weil sie seitdem gesetzliche Mindestfüllstände einhalten müssen. Diese waren nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in der Energiekrise beschlossen worden, um Gaslieferengpässen entgegenzutreten.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Mittwoch zum Auslaufen der Umlage: „Wir werden damit alle Endkunden entlasten, also Großunternehmer, aber eben auch den Mittelstand mit kleinen und mittleren Unternehmen; das sind rund 99 Prozent der Unternehmen. Und natürlich alle Verbraucher, die Gas beziehen.“
Unter den Großkunden profitiere insbesondere die gasintensive Industrie, etwa Chemie-, Dünge- und Nahrungsmittelhersteller sowie die Metall-, Glas- und Keramikerzeugung. Im Mittelstand nütze die Neuerung zum Beispiel Bäckereien und Fleischereien. Indirekt trage die Gaspreisentlastung auch zur Verringerung der Stromkosten bei, sagte der Sprecher, da die Umlage bisher auch Gaskraftwerke belastet habe.
Stromsteuersenkung hätte höhere Entlastung gebracht
Das Vergleichsportal Verivox wies am Mittwoch darauf hin, dass die Hälfte der deutschen Privathaushalte nach wie vor mit Gas heize. Die Abschaffung der Umlage werde einen Einfamilienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) um brutto 69 Euro im Jahr entlasten. Ein Zweipersonenhaushalt mit 12.000 kWh spare 41 Euro, ein Singlehaushalt mit 5000 kWh rund 17 Euro. Der durchschnittliche Gaspreis für Haushalte sinke um drei Prozent.
Die Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestniveau hätte allerdings höhere Entlastungen gebracht. Und zwar für sämtliche Verbraucher. Der Strompreis wäre um zwei Cent je Kilowattstunde gefallen, rechnet Verivox vor. Dadurch hätte eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 kWh brutto 93 Euro gespart. Bei einem Paarhaushalt mit 2800 kWh wären es 65 Euro gewesen, bei einem Singlehaushalt mit 1500 kWh rund 35 Euro. Der durchschnittliche Strompreis für Haushalte wäre um rund sieben Prozent gesunken, so das Portal.
Hätte es beide im Koalitionsvertrag zugesagten Erleichterungen gegeben, hätten Haushalte, die mit Gas heizen, besonders stark profitiert. Je nach Personenzahl und Wohnungsgröße wären Entlastungen von 52 bis 162 Euro im Jahr möglich gewesen.
Kritik an der Abschaffung der Gasspeicherumlage kommt von Umweltverbänden. Sie bemängeln, dass dadurch fossile Energieträger entlastet würden, die klimaschädlich seien. Besser für den Kampf gegen die Erderwärmung wäre es, die Elektrifizierung voranzutreiben, so das Argument. Dazu müssten die erneuerbaren Energien ausgebaut und die Strompreise gesenkt werden.
VKU: Lieber klimafreundliche Technologien generell fördern
Diesen Zusammenhang bemängelt auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), dem viele Stadtwerke angehören. „Der Ansatz, Gaspreise zu entlasten und Strompreise im Vergleich hoch besteuert zu belassen, widerspricht den Zielen der Klimaneutralität und der Unabhängigkeit von fossilen Importen aus dem Ausland“, teilte die Organisation am Mittwoch mit. „Für beides braucht unser Land mehr Stromanwendungen statt fossilem Gas.“
Angesichts zunehmender CO₂-Preise, etwa mit Einführung des zweiten europäischen Emissionshandels (ETS2) im Jahr 2027, sei die Entlastung außerdem nur ein Strohfeuer. „Das sorgt für trügerische Sicherheit bei den Gaskunden und ein böses Erwachen, zum Beispiel mit Blick auf absehbar weiter steigende CO₂-Preise“, bemängelt der VKU.
Insgesamt hält der Verband die Abschaffung der Gasspeicherumlage für richtig, weil sie für die Industrie im internationalen Wettbewerb ein Standortnachteil gewesen sei. Allerdings profitierten von den Erleichterungen nur Gaskunden. „Solange die Bundesregierung die Stromsteuer nur für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft senkt, gucken alle anderen Stromkunden in die Röhre.“
Sinnvoller wäre es aus Sicht des VKU, klimafreundliche Technologien generell zu fördern und auch die Strompreise für alle zu senken, die bisher leer ausgingen. Kritisch sei es auch, die Abschaffung der Gasspeicherumlage mit Mitteln aus dem KTF gegenzufinanzieren. Dessen Mittel sollten ausschließlich für Investitionen in den Umbau unserer Energieversorgung genutzt werden. Die Gegenfinanzierung sollte über den Bundeshaushalt laufen, so der Verband.
BDEW fordert schnelle Umsetzung
Zum zeitlichen Horizont des Wegfalls der Gasumlage teilte der Energieverband BDEW mit, die Änderungen müssten jetzt schnell verwirklicht werden, damit sie zu Beginn des kommenden Jahres greifen könnten. Die Zuschüsse von 3,4 Milliarden Euro seien bereits im Bundeshaushalt für 2025 angelegt, jetzt müssten die erforderlichen rechtlichen Regelungen umgehend erlassen und Rechtssicherheit geschaffen werden.
„Wenn das Gesetz noch rechtzeitig in Kraft tritt, spätestens bis Ende Oktober, kann die Kostensenkung bereits zu Beginn des Jahres 2026 an die Endkunden weitergegeben werden“, sagte die BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae am Mittwoch in Berlin. Grundsätzlich hält sie die Entlastung für positiv. „Der Ausgleich des Umlagekontos sollte allerdings durch einen Bundeszuschuss aus dem Kernhaushalt erfolgen und nicht aus dem Klimatransformationfonds“, so Andreae. „Letzterer muss seinem Namen gerecht und für Investitionen in den Klimaschutz und die Transformation genutzt werden.“