Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia sieht sich dank steigender Preise für Wohnungen wieder auf Wachstumskurs. „Die Krise, die Sorge vor steigenden Schulden, all das liegt jetzt weit hinter uns. Der Wind hat gedreht“, sagte der scheidende Vorstandsvorsitzende Rolf Buch in einer Telefonkonferenz zur Vorlage der Halbjahreszahlen am Mittwoch.
So hat der Bochumer Dax-Konzern seinen bereinigten Gewinn vor Steuern um 10,9 Prozent auf 984 Millionen Euro gesteigert. Unter dem Strich hat Vonovia 811 Millionen Euro Gewinn erzielt, nachdem es im Vorjahr noch einen Verlust gegeben hatte. „Unser Vermietungsgeschäft ist stabil, obwohl wir heute knapp 10.000 Wohnungen weniger bewirtschaften als im Vorjahr“, sagte Buch. Vonovia hatte zahlreiche Wohnungen verkauft, auch um die Verschuldung zu senken. Die Mieten hat Vonovia im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres um 4,4 Prozent erhöht. Das Unternehmen profitiert von anhaltendend hoher Nachfrage. Deshalb wird der Dax-Konzern auch optimistischer für das Gesamtjahr: Vonovia rechnet für seinen bereinigten Vorsteuergewinn, aus dem die Dividende berechnet wird, nun mit einer um 100 Millionen Euro höheren Spanne zwischen 1,85 und 1,95 Milliarden Euro. Der Aktienkurs lag am Mittwoch kurz nach Handelsstart um fast vier Prozent im Plus und damit an der Spitze des Dax.
Mieten steigen um 4,4 Prozent
Vonovia bewirtschaftet insgesamt mehr als 608.000 Wohnungen, mehr als 530.000 davon gehören dem Unternehmen selbst, der Großteil in Deutschland. Weil auch das Interesse von Verkäufern anzieht, steigen die Preise im Markt. Das wiederum hat dazu geführt, dass Vonovia sein Immobilienportfolio aufwerten konnte. Der Verkehrswert zum Halbjahr verzeichnete ein Plus von 1,3 Prozent auf knapp 83 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren hatte das Unternehmen seinen Bestand mehrfach abwerten müssen, und dadurch Milliardenverluste verbucht. Die Immobilienbranche war lange von den rasant gestiegenen Zinsen und gleichzeitig steigenden Bau- und Energiekosten getroffen, was den Markt einbrechen ließ.
In dieser Zeit hatten Immobilienunternehmen auch den Neubau komplett gestoppt, weil die Kosten so stark gestiegen waren und damit die Preise für Neuvermietung illusorisch hoch gewesen wären. Jetzt will Vonovia wieder mehr bauen. 3000 neue Wohnungen in Deutschland sollen in diesem Jahr begonnen werden, die meisten davon dürften aber erst ab 2027 fertig werden. Vonovia testet dabei verschiedene Konzepte, die Kosten senken sollen. In Berlin und später in Dresden entstehen die ersten „Basishäuser“, wie das Unternehmen sie nennt. Das sollen nachhaltige, aber bezahlbare Neubauten werden, die in serieller Holz-Bauweise aus den Fabriken des österreichischen Unternehmens Gropyus kommen, an dem Vonovia Anteile hält. Auf Kosten von 3500 Euro je Quadratmeter kommt das Unternehmen damit. In den vergangenen Jahren lagen die Neubaukosten eher bei 5000 Euro je Quadratmeter.
Baukosten sollen sinken, Neubauzahlen steigen
Als „Initialzündung für den Neubau“ bezeichnete Buch das. Impulse verspricht sich der Vonovia-Chef auch von der Vereinfachung im Bau durch Typengenehmigungen, die in einem Bundesland beantragt und dann in der Planung schon an alle Bauordnungen der 16 Bundesländer angepasst werden können. „Das kann im Norden der berühmte rote Klinker sein und im Süden die Holzvertäfelung. Aber die Planung ist immer gleich, das bringt Kosten- und Zeitvorteile“, sagte Buch. Er zeigte sich zuversichtlich, dass man mit niedrigeren Baukosten auch zu bezahlbaren Neumieten kommen werde.
Der größte Immobilienkonzern im Land sucht zudem händeringend Fachkräfte. 2800 Mitarbeiter will er bis zum Jahresende neu eingestellt haben, das entspricht etwa einem Fünftel der gesamten Belegschaft. „De facto brauchen wir alle Gewerke im Handwerk, wir brauchen Elektriker, Fliesenleger, Installateure und Maler“, sagte Buch. Das Unternehmen bildet selbst aus und hat sogar schon öfter Handwerker etwa aus Südamerika einfliegen lassen.
Es sei zudem mit anderen Unternehmen im Austausch, die gerade Stellen abbauen, sagte Buch. Vonovia ist Teil der „Allianz der Chancen“, einer Plattform, auf der sich Unternehmen gegenseitig Arbeitskräfte vermitteln. „Wir brauchen aber Handwerker vor Ort. Uns nutzt kein Handwerker in einer großen Automobilstadt, wenn der nicht bereit ist, nach Dresden oder nach Berlin zu gehen“, sagte Buch. „Handwerker auf Dauer durch die Republik zu schicken, das funktioniert nicht.“
Alle Arten von Handwerkern werden gebraucht
Elektriker werden etwa gebraucht für den Austausch von Heizungsanlagen. Vermehrt Wärmepumpen einzubauen ist auch ein Teil der seriellen Sanierung, die der Konzern vorantreibt, um die Effizienzklassen seiner Gebäude zu verbessern. Modernisierungen, die den Gebäudebestand wertvoller machen, sind schon heute ein wichtiger Teil des Segments „Value Add“. Der Bereich, in den auch Stromerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen und den Verkauf als Mieterstrom fallen, macht derzeit 14 Prozent des operativen Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aus, 2024 waren es noch neun Prozent.
Trotzdem bleibt für den Nachfolger von Rolf Buch an der Vonovia-Spitze in dem Bereich noch einiges zu tun: Das Unternehmen will bis 2028 einen Anteil des Value-Add-Segments am Ebitda von 20 Prozent erreichen. Der seit 2013 amtierende Vorstandschef Buch hatte im Mai angekündigt, das Unternehmen zum Jahresende zu verlassen. Sein Nachfolger wird der ehemalige Vodafone -Finanzvorstand und frühere SAP -Manager Luca Mucic.