„Die Bankenwelt erlebt eine Revolution in einem Tempo, das viele vielleicht überfordert“

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Künstliche Intelligenz wird die Bankenwelt grundlegend verändern, erwartet Florian Rentsch, Vorsitzender des Verbands der Sparda-Banken. In der neuen Folge des F.A.Z. KI-Podcasts spricht er über Chancen, Grenzen und regulatorische Herausforderungen des KI-Einsatzes im Finanzsektor: „Wir sind da in einer ganz neuen Welt angekommen.“ Damit diese Transformation gelinge, brauche es aber kluge Rahmenbedingungen, nicht lähmende Regulierung aus Prinzip.

Rentsch beschreibt: „Wir erleben gerade eine Revolution in einem Tempo, das für viele fordernd, vielleicht auch überfordernd ist.“ KI sei dabei längst mehr als ein technisches Hilfsmittel: Sie werde die innere Struktur der Organisationseinheiten und damit das traditionelle Geschäftsmodell vieler Banken verändern. Ein zentrales Anwendungsfeld sieht er im datengestützten, personalisierten Vertrieb: Früher sei mit der „Schrotflinte“ gearbeitet worden, heute machten es KI-Systeme möglich, den Kunden passgenaue Angebote zu machen, etwa für die Geldanlage. Die Beratungsqualität könne damit enorm verbessert werden. Auch auf Kundenseite sorge KI für Veränderung, auf die sich Banken einstellen müssen: „Kunden sind viel schneller in der Lage, sich auf Sachverhalte einzustellen, weil KI Informationen sehr viel schneller zusammenfasst und vergleicht.“

Neben der Kundenberatung verändert der Einsatz von KI zunehmend auch die tägliche Arbeit in den Banken, vor allem in der Wissensarbeit: „Denken und Wissensvermittlung lassen sich heute technologisch in einem Ausmaß unterstützen, das wir vorher nie hatten.“ Für Rentsch ist das nicht nur ein Effizienzversprechen, sondern auch ein Führungsauftrag: „Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden ausprobieren, dazulernen, offen sind.“ Entsprechend setzt der Sparda-Verbund auf Schulungen, sichere KI-Umgebungen und eine breite Verfügbarkeit der Tools.

Doch wie gelingt Innovation in einem hoch regulierten Umfeld? Rentsch sieht hier ein grundlegendes Problem, vor allem beim Blick auf die europäische Gesetzgebung. Den EU AI Act kritisiert er deutlich: „Wir schaffen durch solche Regulierung ein Mindset, das defensiv ist.“ Statt über Chancen zu sprechen, liege der Fokus zu stark auf potentiellen Risiken. Regulierung werde „als Selbstzweck forciert“ und sei teils nicht wissenschaftlich basiert. Das Ergebnis: ein lähmendes Regelwerk, hohe Compliance-Kosten und Wettbewerbsnachteile gegenüber innovationsfreudigeren Weltregionen.

Trotz dieser Herausforderungen bleibt Rentsch optimistisch: „Ich glaube, die Mutigen werden am Ende belohnt.“ Der Wandel sei in vollem Gange, angetrieben auch von einer neuen Generation, für die der Einsatz von KI selbstverständlich ist. Jetzt komme es darauf an, die Chancen aktiv zu gestalten. Denn: „Wir erleben eine Revolution der bisherigen Arbeitsweise – und wer sie nicht mitgeht, wird im Markt deutliche Nachteile erhalten.“

Die Folge ist Teil unseres Podcasts „Künstliche Intelligenz“. Er geht den Fragen nach, was KI kann, wo sie angewendet wird, was sie bereits verändert hat und welchen Beitrag sie in der Zukunft leisten kann. Hosts des Podcasts sind Peter Buxmann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, und Digitalwirtschaft-Redaktionsleiter Holger Schmidt. Die Podcastfolgen erscheinen jeweils am ersten Mittwoch im Monat.