Karlsruhe beendet Streit über Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung

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Das Bundesverfassungsgericht hat einen jahrelangen Streit über die Zulässigkeit von Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und Onlinedurchsuchung beendet. In zwei Beschlüssen, die das Gericht am Donnerstag veröffentlichte, erklärte es die Instrumente größtenteils für verfassungsgemäß. Zugleich stellten die Richter klar, dass eine Quellen-TKÜ nur zur Aufklärung schwerer Kriminalität zulässig ist. Die bisherigen Regeln in der Strafprozessordnung, die das Instrument auch für geringfügige Kriminalität erlaubten, erklärten sie für nichtig. Sie sind also auch rückwirkend ungültig.

Mit der Quellen-TKÜ können Ermittler auch verschlüsselte Nachrichten überwachen, wie sie heutzutage vorwiegend verschickt werden, etwa über Whatsapp oder Telegram. Hier werden Nachrichten vor ihrem Versand ver- und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt. Einmal chiffriert, ist die Kommunikation nicht mehr zu entziffern. Die Quellen-TKÜ, die auf eine Software zurückgreift, die auch Bundestrojaner genannt wird, hilft hier weiter.

Bei einer Onlinedurchsuchung dringt der Staat mittels einer Software unbemerkt in Smartphones oder Computer ein, um Daten eines Verdächtigen auszuspähen. Im Gegensatz zur Quellen-TKÜ ermöglicht die Onlinedurchsuchung einen Zugriff auf das gesamte IT-System und erfasst alle dort gespeicherten Daten.

Einführung nach dringendem Wunsch der Polizei

Union und SPD hatten beide Instrumente im Jahr 2017 eingeführt und waren damit einem dringenden Wunsch von Polizei und Staatsanwaltschaft nachgekommen. Die Ermittler hatten immer wieder beklagt, in der organisierten Kriminalität würden unverschlüsselt nur noch Belanglosigkeiten ausgetauscht. An das Wesentliche komme man nicht heran. In der Gesetzesbegründung hieß es damals dann auch: Damit eine effektive Strafverfolgung gewährleistet sei, müssten Ermittlungsmaßnahmen dem technischen Fortschritt angepasst werden.

Protest rief damals vor allem das Ausmaß der geplanten Überwachung hervor. Bei der Onlinedurchsuchung hatte sich der Gesetzgeber bislang auf Straftaten des internationalen Terrorismus beschränkt und war damit einem Urteil des Verfassungsgerichts gefolgt. Die neuen Regelungen erweiterten den Anwendungsbereich auf zahlreiche andere Delikte. Auch die SPD gestand damals ein, dass die Reform mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden sei, verwies aber auf hohe prozessuale Hürden, etwa den Richtervorbehalt.

Verein Digitalcourage legte Verfassungsbeschwerde ein

Im August 2018 legte der Verein Digitalcourage Verfassungsbeschwerde gegen die neuen Befugnisse ein. Ein Jahr später richtete er sich auch gegen die Regelungen zur Quellen-TKÜ im Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen. Diese Beschwerde scheiterte in Karlsruhe nun größtenteils schon an den formellen Voraussetzungen. Im Übrigen wiesen die Richter sie als unbegründet zurück. Die Beschwerde gegen die Regeln in der Strafprozessordnung war erfolgreicher.

In seinen Beschlüssen stellt das Verfassungsgericht klar, dass die Ermächtigungen zur Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung in mehrere Grundrechte eingreifen: in das Fernmeldegeheimnis und in das IT-System-Grundrecht, das insbesondere vor heimlichen Zugriffen schützt. Dieses Grundrecht solle davor bewahren, „einen Einblick in wesentliche Teile der Lebensgestaltung einer Person zu gewinnen oder gar ein aussagekräftiges Bild der Persönlichkeit zu erhalten“. Die Richter erläutern auch, dass eine schwerwiegende heimliche Überwachung nur zulässig ist, wenn es um wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben geht. So sieht es das Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen vor, das den Einsatz der Quellen-TKÜ an terroristische Straftaten koppelt.

Die Strafprozessordnung erlaubte das Instrument dagegen auch dort, wo es um Höchstfreiheitsstrafen von nur drei Jahren oder weniger ging. So listete der Katalog zur Quellen-TKÜ eine ganze Reihe von Straftaten auf: von Sportbetrug bis hin zum Völkermord.

Die bisherigen Regeln zur Onlinedurchsuchung beanstandeten die Richter nur in formeller Hinsicht: Sie verstoßen gegen das Zitiergebot. Demnach muss ein Gesetz, das in Grundrechte eingreift, diese benennen. Dieses Versäumnis kann der Gesetzgeber nachholen.