Desinformation zu Impfstoffen und Wetterextreme: So viel Unfug muss doch wehtun

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„Wenn Sie krank sind, würden Sie auch nicht Rat bei einem Anwalt wie Kennedy suchen, sondern Sie würden zum Experten gehen, ihrem Arzt.“ Die in den USA lebende Medizin-Nobelpreisträgerin von 2023, Katalin Karikó, die Amerikas Elite früher schon einige Male von der schlechtesten Seite kennengelernt hatte, quittierte im CNN-Interview die jüngste Entscheidung von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. mit der gebührenden Klarheit. Kennedy hatte angekündigt, fast zwei Dutzend Verträge zur Förderung und Entwicklung von mRNA-Impfstoffen im Wert von einer halben Milliarde Dollar zu kündigen. Begründung: Die Impfstoffe schützten nicht effektiv und seien nicht sicher. Viel dramatischer kann man die wissenschaftlichen Fakten kaum verdrehen.

Das geht nicht nur gegen die weltweite Expertise und Studienlage und gegen die Kompetenzen in Zulassungsbehörden und Nobelkomitee, die Karikós jahrzehntelange Pionierarbeiten zu mRNA-Impfstoffen würdigten. Das geht am Ende gegen die eigene Forschernation und am Ende auch gegen das eigene Volk. Denn mRNA-Vakzine sind eins der vielversprechendsten biomedizinischen Instrumente nicht nur im Kampf gegen Erreger und Pandemien, sondern absehbar auch gegen Krebs und andere schwerwiegende Leiden. Kennedys lapidare Mitteilung, in der er wissenschaftlichen Bullshit verbreitet, ist also ein weiteres, schwer zu begreifendes Kapitel in den antiwissenschaftlichen Fehlleistungen der Trump-Regierung.

Was es ganz sicher nicht ist: das Ende der mRNA- und Impfstoffforschung. Europäischen und insbesondere den deutschen Pharmaentwicklern kann Kennedy damit nicht wehtun im Gegenteil. Es sei denn, die immer hemmungsloser in konkrete Politik gegossenen „alternativen Wahrheiten“ aus dem Hause Trump breiten sich mit der Populismuswelle weiter aus. Tatsächlich ist die tägliche Portion Kennedy-Bullshit nicht das einzige ministerielle Fake-News-Ärgernis. Offensichtlich ist demonstrativer Desinformationswille inzwischen hoch ansteckend unter Trump. Dessen Energieminister, Chris Wright, der jüngst ankündigte, die klimaschädlichen Treibhausgase von jeder Klimawandelschuld zu säubern und die nationale Umweltschutzbehörde EPA ihrer eigentlichen Bestimmung zu berauben, hat sich jetzt öffentlich einmal mehr gegen die etablierte Evidenz der Klimawissenschaften gestellt: „Schlicht Unsinn“ sei es und „unwahr“, wenn behauptet werde, der Klimawandel mache das Wetter „gefährlicher und extremer“. Auch in diesem Fall sprechen nicht nur die Empirie aus jahrzehntelanger Forschung, wiederum ein Nobelpreis (für Physik 2021) sowie die Erkenntnisse von echten Experten für eine absichtsvolle Verdrehung der Tatsachen. Es sind darüber hinaus auch schwer verdauliche Zahlen aus der allerjüngsten Zeit, die gewiss auch in Wrights sozial-medialer Blase aufgelaufen sein dürften.

Sie stammen von einer der größten Rückversicherungen der Welt, der Swiss Re, und betreffen im Wesentlichen Fragen der Klimawandelfolgen: Das erste Halbjahr 2025 war für die USA demnach das zweitteuerste erste Halbjahr aller Zeiten, vor allem wegen der kalifornischen Waldbrände und schwerer Gewitter in den ganzen USA. Originalton der Versicherer: „Da sowohl die nordatlantische Hurrikansaison als auch die Waldbrandsaison noch andauern, könnten die versicherten Schäden im Gesamtjahr 2025 die vom Swiss Re Institute prognostizierten 150 Mrd. US-Dollar übersteigen.“ Möglicherweise ist aber auch damit die Schmerzgrenze der Wirklichkeitsverleugnung in der Trump-Regierung noch nicht erreicht. Oder sollte es am Ende noch anderweitige Zollpläne in Washington geben, die vorsehen, klimabedingte Schadenssummen auf den Schultern der restlichen Welt abzuladen?