Windpark-Auktion ohne Bieter: Harsche Kritik an Klauseln für Investoren

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Nach der gescheiterten Auktion für zwei Windpark-Flächen in der Nordsee nimmt die Diskussion um die Ausschreibungsbedingungen Fahrt auf. Im Fokus steht die Ungewissheit der Investoren, zu welchen Preisen sie den mit den Offshore-Windanlagen erzeugten Strom eines Tages verkaufen könnten. Im aktuellen Fall geht es um zwei Flächen in der Nordsee mit 2,5 Gigawatt Kapazität (vergleichbar mit 2,5 Atomkraftwerken), für die der Netzanschluss in den Jahren 2030 und 2031 geplant ist. Allein die Investition in Windkraftanlagen und Netzanbindung für diese Kapazität wird mit mindestens 7,5 Milliarden veranschlagt.

Nur wenige Unternehmen sind überhaupt so kapitalstark sowie erfahren in Bau und Betrieb von Windparks, um das Risiko einer solch komplexen Investition zu tragen. Einer der großen potentiellen Investoren ist der Essener Energieriese RWE , der im Nachgang der gescheiterten Ausschreibung harsche Kritik an den Modalitäten des Verfahrens übte. „Dass sich bei dieser Auktion kein einziges Unternehmen beteiligt hat, zeigt deutlich, dass die Ausschreibungsbedingungen für Investitionen nicht attraktiv waren“, teilt RWE auf F.A.Z.-Anfrage mit.

Der Staat könnte einen Mindestpreis für den Strom absichern

„Investoren brauchen langfristige Planungsperspektiven“, erklärte Sven Utermöhlen, Chef der RWE Offshore Wind GmbH in einem Beitrag auf Linkedin und forderte: „Das Auktionsdesign muss dringend nachgeschärft werden.“ Er verweist darauf, dass viele andere europäische Länder auf sogenannte zweiseitige Differenzverträge (Contract for Difference, CfD) setzen. In einem solchen Fördermodell vereinbaren der Staat und der Windparkbetreiber einen festen Strompreis. Ist der tatsächliche Strompreis niedriger, zahlt der Staat einen Ausgleich. Ist der Preis höher, muss das Unternehmen das über den Festpreis hinaus eingenommene Geld an den Staat zahlen. Es wird also jeweils die Differenz ausgeglichen, daher der Name „Differenzverträge“.

In einer ersten Reaktion auf das fehlende Investoren-Interesse an den Nordsee-Flächen hatte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche eingeräumt, dass die Ausschreibungsbedingungen überprüft werden sollten, um das Potential für den Ausbau von Offshore-Windenergie nicht zu verschenken. Man müsse Beispiele wie Großbritannien anschauen. Tatsächlich hat sich dort mit dem Abschluss von Differenzverträgen die Bieterzahl erhöht. Allerdings gab es in Großbritannien auch ein Negativbeispiel: Im Jahr 2023 lagen die festgesetzten Preise in den Differenzverträgen niedriger als die von den Investoren veranschlagten Bau- und Darlehenskosten, sodass sich kein einziges Unternehmen für die Flächen interessierte.

Frist zur Fertigstellung “wie ein Damoklesschwert“ für Investoren

Es sei eine „sehr kluge Entscheidung“ von Katherina Reiche, sich an Großbritannien zu orientieren, kommentierte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie Offshore (BWO) in einer Pressekonferenz. Jenseits des zentralen Themas Strompreis wies er auf zahlreiche weitere Klauseln hin, die Investoren abschrecken könnten. Wie ein „Damoklesschwert“ wirke beispielsweise die knappe Frist für die Fertigstellung der Parks, erklärte Thimm. Demnach sieht das Windenergie-auf-See-Gesetz vor, dass ein Windpark spätestens sechs Monate nach Netzanschluss zu 95 Prozent fertiggestellt sein muss – andernfalls müsste die Bundesnetzagentur den Zuschlag entziehen. Das sei angesichts der Größe und Komplexität einer solchen Investition nicht angemessen, zumal im Fall eines Windparks das Wetter eine entscheidende Rolle spielen könne.

Außerdem zweifelt der BWO an der Sinnhaftigkeit, den Net Zero IndustryAct anzuwenden, der eigentlich die europäische Industrie im Bereich klimafreundlicher Technologien stützen soll. Angesichts der Tatsache, dass es in Europa nur zwei Hersteller von Offshore-Windturbinen gebe ( Vestas und Siemens Gamesa ), wäre etwas Konkurrenz durchaus wünschenswert, sagte Thimm. Er ist der Ansicht, die Sicherheitsrisiken, die speziell mit Blick auf China gesehen würden, könne man mit niedrigschwelligeren Methoden gering halten.