Reichlich kompliziert ist der Name immer noch: GPT, englisch ausgesprochen Tschi-Pie-Tie. Viele Menschen dürften keine Ahnung haben, wofür die Abkürzung steht oder was die Worte generative pre-trained transformer, die sich dahinter verbergen, bedeuten. Aber immerhin, der Zusatz ist bei der neuen Version wieder einfach eine Zahl: GPT-5. So heißt die künstliche Intelligenz (KI), die das Unternehmen OpenAI am Donnerstag vorgestellt hat. Mit ihr will die Firma ein neues Kapitel aufschlagen in der Geschichte der Alltags-KI, die Menschen überallhin begleitet und bei allen möglichen Problemen hilft.
“Mit GPT-5 zu reden fühlt sich an, wie mit einem Experten auf Doktoranden-Level für jedes Thema zu sprechen”, sagte OpenAI-Chef Sam Altman in einem Videocall mit Journalisten am Mittwoch. “Etwas wie GPT-5 zu haben, war in der gesamten Menschheitsgeschichte ziemlich unvorstellbar.” Das neue Modell soll demnach im Vergleich zu seinen Vorgängern schneller antworten und “schlauer” sein, wie OpenAI-Mitarbeiter sagen. Es soll außerdem Funktionen in sich vereinen, die bisher nur einzeln innerhalb von ChatGPT ausgewählt werden konnten und zum Teil bislang nur zahlenden Kunden zur Verfügung standen. GPT-5 hingegen soll es ab sofort auch kostenlos geben.
In der Branche war GPT-5 seit Monaten mit großen Erwartungen aufgeladen worden. Das letzte Modell, das nur eine Zahl im Namen trug, war GPT-4, das OpenAI vor zweieinhalb Jahren präsentierte. Die Verbesserungen, die GPT-4 im Vergleich zu seinem Vorgänger mit sich brachte, waren enorm. Die KI konnte eloquenter schreiben, besseren Computercode produzieren, neben Text auch Bilder verarbeiten und komplexere Aufgaben lösen. Seitdem hat OpenAI Zwischenstufen entwickelt, GPT-4.5, GPT-4o und Spezialmodelle, etwa GPT-o3, zum Teil durchaus mit signifikanten Verbesserungen. Von GPT-5 aber erwarteten viele noch einmal einen größeren Sprung.
OpenAI-CEO Altman setzte dem Ganzen noch einen drauf. Im Januar schrieb er, OpenAI wisse mittlerweile, wie man eine KI entwickele, die mindestens so gut denken kann wie ein Mensch. Eine Technologie, die auch als allgemeine künstliche Intelligenz, oder AGI, bekannt ist.
GPT-5 sei “ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zu AGI”, sagte Altman nun. Im Umkehrschluss bedeutet das wohl: Es ist noch keine AGI. Auf Nachfrage führte er aus: GPT-5 sei zwar “allgemein intelligent”, aber es fehlten noch wichtige Dinge zu dem, was die meisten Menschen unter AGI verstünden. Zum Beispiel, dass die KI kontinuierlich weiterlerne.
Gründlich rechnen für alle
Für OpenAI ist das neue Modell auch einfach ein wichtiges neues Produkt. Das Unternehmen bricht mit seiner Technologie einen Umsatzrekord nach dem anderen. Laut eigenen Angaben erwartet es rund drei Jahre nach der Veröffentlichung von ChatGPT, in diesem Jahr rund 12 Milliarden Dollar Umsatz zu machen.
GPT-5 soll ab sofort ChatGPT antreiben. Es soll bessere Texte schreiben können und dabei natürlicher wirken. “Es fühlt sich einfach menschlicher an”, sagte ChatGPT-Produktchef Nick Turley. Hinzu kommt, dass GPT-5 weniger Fehler machen soll. Sogenannte Halluzinationen, bei denen Sprachmodelle in ihren Antworten Fakten erfinden, sind eines der größten Hindernisse, sie etwa im Arbeitskontext einzusetzen, ohne jede einzelne Antwort überprüfen zu müssen.
Die größte Neuerung, die GPT-5 mit sich bringt, dürfte jedoch eine andere sein: die Kombination von Funktionen, die bisher getrennt voneinander waren. Bisher hatten die Gratisnutzer keinen Zugriff auf die sogenannten Reasoning-Modelle von OpenAI. Dafür waren mindestens 23 Euro im Monat für ein Abo fällig. Der Vorteil von Reasoning-Modellen: Mit mehr Rechenpower ausgestattet, plappern sie nicht wie herkömmliche Modelle wie GPT-4 einfach drauflos, sondern teilen Aufgaben in mehrere Schritte auf und lassen sich mehr Zeit für die Antwort. Dadurch sind sie besser geeignet, um komplexere Probleme wie etwa Mathe- und Logikaufgaben zu lösen oder Tabellen und größere Datenmengen auszuwerten.
Mit GPT-5 kombiniert OpenAI nun diese beiden Ansätze: Stellt man ChatGPT eine Frage, entscheidet das Programm vor jeder Antwort selbst, auf welchen Modelltyp es im Hintergrund zugreift – je nach Art des Gesprächs, der Komplexität der Frage oder ob ein Nutzer explizit danach fragt.
OpenAI gibt mit GPT-5 erstmals kostenfrei Zugriff auf Reasoning-Modelle, wenn auch mit einem Limit, wie viele Anfragen man stellen kann. Insbesondere für den durchschnittlichen ChatGPT-Nutzer dürfte das die Alltagserfahrung mit ChatGPT deutlich verändern. 700 Millionen Menschen nutzen ChatGPT jede Woche, ein Großteil davon nutzt die kostenlose Version des Chatbots.
Zahlende Kunden haben zusätzlich Zugriff auf eine besonders leistungsfähige Pro-Version von GPT-5 und kein Zugriffslimit. Und sie müssen sich nicht mehr vor jeder Frage an den Chatbot überlegen, welchem der beiden Modelltypen sie die Antwort eher zutrauen.
Dass OpenAI auch Gratisnutzern Zugriff auf GPT-5 und damit die im Betrieb grundsätzlich teureren Reasoning-Modelle gibt, zeigt, dass offenbar auch diese Systeme effizienter werden. Vermutlich spielt dabei außerdem eine Rolle, dass sich OpenAI gezwungen sah, mit der Konkurrenz gleichzuziehen. Google etwa stellt sein Reasoning-Modell Gemini 2.5 Pro schon länger kostenlos zur Verfügung.