Gekämpft und geschafft, so hat der Vorsitzende des Betriebsrats des Döner-Herstellers Birtat, Muzayfe Doganer, seine Erleichterung beschrieben, dass es nun einen Haustarifvertrag für die 120 Beschäftigten des baden-württembergischen Fleischunternehmens gibt. „Ich bin sehr froh, und habe gestern nach der Unterschrift geweint“, sagt Doganer am Freitagmorgen nach einem langen Verhandlungsmarathon, der am Donnerstag begonnen und erst weit nach Mitternacht mit der Unterschrift zu Ende gegangen ist. „Es ist der erste Tarifvertrag überhaupt in der Döner-Branche.“
Die Tarifkommission der Belegschaft hat sich mit der Geschäftsführung des Unternehmens mit Sitz im nördlich von Stuttgart gelegenen Murr geeinigt, dass alle Entgelte sofort um 100 Euro und auf mindestens 2600 Euro erhöht werden. Dazu kommt in acht Monaten eine Lohnerhöhung um drei Prozent, wie Magdalena Krüger, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Stuttgart bestätigte. „Mindestens ebenso wichtig ist aus meiner Sicht die Verpflichtung, bis zum Ende der Laufzeit des Vertrags über ein Entgeltraster und weitere Arbeitsbedingungen zu verhandeln“, sagte Krüger. Dazu gehörten klare Regeln, für welche Tätigkeiten, welche Entgelte gezahlt werden, sowie Vereinbarungen zu Urlaubstagen und Überstundenzuschlägen. „Das ist ein großer Erfolg der Beschäftigten“, erklärte Krüger weiter. „Gerade im Hinblick auf den Zusammenhalt in den vergangenen Wochen.“
Streit eskaliert im Juli
Einen Betriebsrat bei Birtat gibt es seit September 2024. In den Monaten nach der Wahl sei der Wunsch nach einem Tarifvertrag in dem Unternehmen immer größer geworden, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Doganer. Vor diesem Hintergrund haben die Gewerkschaftsmitglieder bei Birtat Anfang des Jahres eine Tarifkommission gewählt mit dem Ziel, einen Tarifvertrag auszuhandeln. Die Gespräche begannen im Frühjahr. Was konstruktiv begann, entwickelte sich in der Folge zu einem Streit, der im Juli eskalierte: Als Birtat in der vierten Gesprächsrunde erklärte, das Ergebnis könne aus Unternehmenssicht auf keinen Fall ein Tarifvertrag sein, brach die Tarifkommission die Gespräche ab – und die Beschäftigten intensivierten ihre zuvor begonnenen Streiks.
„Wir haben das gemeinsam geschafft, die Geschlossenheit war unsere Stärke“, sagt der Betriebsratschef. Die Beschäftigten harrten am Donnerstag bis weit nach Mitternacht vor dem Unternehmenssitz in Murr aus, um die Verhandlungen zu begleiten und das Ergebnis abzuwarten. In einer Urabstimmung stimmten sie noch in der Nacht zu Freitag über den Tarifvertrag ab, die Zustimmung lag nach Angaben der Gewerkschaft NGG bei rund 90 Prozent.
Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage der F.A.Z. nicht äußern. In einer Pressemitteilung ließ sich ein Sprecher mit den Worten zitieren: „Wir sind davon überzeugt, dass der Abschluss ein wichtiges Signal an unsere Mitarbeiter ist, um unsere Wertschätzung für ihre harte Arbeit auszudrücken“, sagte der Sprecher. „Wir sind überzeugt, dass dieser Vertrag nicht nur Planungssicherheit schafft, sondern auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Beschäftigten stärkt.“ Birtat ist der größte Hersteller von Dönerspießen in Baden-Württemberg und gehört zu den führenden Anbietern in Deutschland. Das Unternehmen erreicht nach eigenen Angaben mehr als 13 Millionen Konsumenten im Monat und gehört zur ebenfalls in Murr ansässigen Meat World SE. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa machte Meat World zuletzt einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro.