CO2 schnell zu vermeiden oder es aus der Atmosphäre zu holen, scheint nicht zu klappen. Eine Alternative: die Erde mit technischen Methoden kühlen. Doch das wäre auch politisch riskant.
Jahrelang hat die Forschung das Thema mit eher spitzen Fingern angefasst: Technische Wege entwickeln, die die Erde kühlen, wie beispielsweise das Abschirmen von Sonnenstrahlen in der Stratosphäre. Mittlerweile forschen weltweit Ingenieure, die Klimawissenschaft und sogar private Investoren an solchen Geoengineering-Methoden.
“Die Emissionen steigen weiter ungebremst. Je weiter die Erwärmung fortschreitet, je mehr Wetterextreme wir erfahren, desto mehr kommt der Wunsch danach auf, doch bitte was dagegen zu machen”, erklärt die Atmosphärenphysikerin Ulrike Lohmann von der ETH Zürich. “Ich habe das Gefühl, dass ich als Forscherin auch die Verantwortung habe zu sagen: Okay, Methode A könnte funktionieren, hat aber die und die Nebeneffekte. Methode B: Am besten die Finger davonlassen.”

ARD-Doku “Kampf ums Klima – Was, wenn jemand die Sonne abdunkelt?”
Die ARD-Doku läuft am 11.8.2025 um 22.20 Uhr im Ersten oder in der ARD-Mediathek.
Kleine Teilchen in der Stratosphäre
Eine dieser technischen Methoden ist das sogenannte SAI, die Aerosolinjektion der Stratosphäre. Dabei sollen in der oberen Atmosphären-Schicht winzige, das Sonnenlicht reflektierende Partikel verstreut werden. Durch kräftige Ost- und Westwinde verteilen die sich dann relativ gleichmäßig entlang der Breitengrade um den Globus. Die Idee stammt aus der Natur. Bei großen Vulkanausbrüchen passiert nämlich das Gleiche: Schwefeldioxid gerät in die Atmosphäre, verdunkelt den Himmel, und als Folge sinkt die Temperatur.
Klima müsste absolut zuverlässig reguliert werden
An der Universität Utrecht in den Niederlanden werden die Folgen dieser Technik erforscht. “Wenn du die Nordhalbkugel abkühlst”, erklärt die Physikerin Claudia Wieners vom Institut für Meeres- und Atmosphärenforschung, “dann wird relativ gesehen die Südhalbkugel wärmer. Dann wird sich das tropische Regenband nach Süden verschieben. Und das gibt dann Probleme in den Gebieten, die auf den Regen angewiesen sind.”
Im Fall eines Krieges könnte es dazu kommen, dass die Kühlung plötzlich abgestellt wird.
Es müsste also alles global gerecht zugehen, wenn das Klima mit technischen Methoden verändert werden soll, beispielsweise durch ein demokratisch legitimiertes Gremium wie den UN-Klimarat. Im Fall eines Krieges oder von Uneinigkeit zwischen Staaten kann es aber dazu kommen, dass die technische Methode zur Kühlung plötzlich “abgestellt” wird. Dann würde sich die Temperatur plötzlich wieder deutlich erhöhen, was noch gefährlicher wäre als die schrittweise Erhöhung. Die Forscherin Wieners bezeichnet das als den “Termination Shock”.
Hohes politisches Konfliktpotential durch Geoengineering
Vielen Wissenschaftlern bereiten nicht nur die technischen Unsicherheiten und mögliche Folgen Sorgen, sondern vor allem die politischen. “Die Frage für mich ist, ob man sich in so eine politische Situation überhaupt begeben sollte oder ob das nicht viel zu riskant ist”, sagt der Politikwissenschaftler Stefan Schäfer vom Helmholtz-Zentrum für Geoforschung in Potsdam. Und sogar die Physikerin Wieners, die selbst an der SAI-Technologie forscht, ist skeptisch. “Ich würde diese Forschung auch nicht machen, wenn wir nicht schon ein Riesenproblem hätten”, sagt sie. Es sei bizarr, dass wir überhaupt an diesem Punkt gelandet sind, “wo wir so eine Schweinerei ernstlich überlegen.”
SAI könnte vorübergehende Notbremse sein
Methoden wie der Einsatz von Aerosolen in der Stratosphäre, um global die Sonne abzuschirmen, sind mittlerweile kein Science-Fiction-Szenario mehr. Obwohl die Risiken groß und nicht vollständig absehbar sind, ist es ein realistischer Plan C geworden, die Sonne zu dimmen. Denn selbst wenn man annimmt, dass der CO2-Ausstoß in den kommenden Jahrzehnten auf Null gebracht würde: Die Temperaturkurve würde trotzdem erstmal steil ansteigen und erst einige Jahrzehnte später sinken. “Die Idee wäre hier, dass wir in der Zeit, wo die Temperatur gefährlich hoch ist, dass wir die drosseln wollen mit SAI”, erklärt Claudia Wieners.