Von der Klimakrise sind wir alle betroffen. Aber nicht jeder hat Angst vor ihr. Warum? Um die psychologischen Wirkmechanismen zwischen der Klimakrise und ihren mentalen Folgen zu erklären, schlagen Psychologen „Solastalgie“ als vermittelndes Glied vor. Der Begriff meint die psychische Belastung, die Menschen erleben, wenn sich ihr Umfeld etwa infolge von Naturkatastrophen drastisch verändert.
Jetzt ist in der Zeitschrift „BMJ Mental Health“ eine Übersichtsarbeit erschienen, die den Zusammenhang von Solastalgie mit Ängstlichkeit, Depression und posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) untersucht. Berücksichtigt wurden fünf quantitative Studien aus den USA, Australien, Peru und Deutschland. Die gut dreitausend befragten Personen hatten vor der Befragung schwerwiegende Naturveränderungen erlebt, etwa durch Dürre, Waldbrände, aber auch durch menschengemachte Ursachen wie Kohleabbau. Es zeigte sich: Je „solastalgischer“ sie waren, desto ängstlicher und depressiver waren sie. Einen kleinen Zusammenhang gab es auch mit PTSD.
Überraschend ist das nicht. Denn Solastalgie wird mit Fragebögen erhoben, in denen Personen Aussagen zustimmen oder ablehnen sollen wie: „In letzter Zeit fühle ich mich ängstlich“, „In letzter Zeit mache ich mir Sorgen“, „Ich habe Angst, dass eine Katastrophe naht“. Je höher die Zustimmung, desto höher der Solastalgie-Wert. Die Befunde zeigen also: Wer sich angesichts schwerwiegender Naturzerstörung ängstlich und depressiv fühlt, leidet wahrscheinlicher an Ängstlichkeit und Depression. Und wer eine Naturkatastrophe als einschneidendes und belastendes Ereignis erlebt, erleidet eher eine Traumafolgestörung.
Die Klimakrise ist eine substanzielle Bedrohung, der jeder Einzelne wenig entgegensetzen kann. Klimaangst ist mehr als nachvollziehbar und sollte, wenn sie überhandnimmt, angemessen behandelt werden. Auch die Autoren der Studie schlagen vor, „maßgeschneiderte therapeutische Interventionen“ aus ihren Erkenntnissen abzuleiten. Wie diese aussehen könnten, lassen sie indes offen. Und ob besonders „solastalgischen“ Personen, denen man eine Kohlegrube vor die Haustür gesetzt hat, mit Psychotherapie überhaupt geholfen ist, auch.