Die britische Regierung will straffällige Ausländer schneller in ihre Heimatländer abschieben. Sie sollen ihre Berufungsverfahren nicht länger vor britischen Gerichten anstrengen dürfen, sondern sofort nach einem ersten Urteil das Land verlassen müssen. Die Maßnahme, die den Titel „Abschiebung jetzt, Berufung später“ trägt, galt bislang schon für die europäischen Länder Albanien, Estland, Finnland und Kosovo, für die afrikanischen Staaten Nigeria, Tansania und Mauritius sowie für das mittelamerikanische Belize.
Nun soll die Zahl der Staaten, in die nach ersten Verurteilungen abgeschoben wird, verdreifacht werden. Innenministerin Yvette Cooper sagte, „viel zu lang schon haben ausländische Kriminelle unsere Einwanderungsregeln ausgebeutet und sind Monate und Jahre im Land geblieben, während sich ihre Berufungen dahinschleppten“. Ausländischen Straftätern dürfe es „nicht länger erlaubt sein, das System zu manipulieren“.
Unter anderen soll die Abschieberegel nun für Afrikaner aus Angola, Botswana, Kenia, Uganda und Sambia gelten, zudem enthält die Länderliste asiatische Staaten wie Brunei, Indien, Indonesien und Malaysia, die früheren Dominien Kanada und Australien sowie die europäischen Staaten Lettland und Bulgarien. Nach Angaben des Londoner Justizministeriums stammen die meisten der rund 770 Gefangenen, die nun von der Abschiebung vor ihren Berufungsverfahren betroffen sind, aus Indien.

Justizministerin Shabana Mahmood äußerte sich ähnlich wie ihre Kollegin Cooper. Sie sagte in einer Mitteilung, die Botschaft an ausländische Straftäter sei klar: „Wer unsere Gastfreundschaft missbraucht und unsere Gesetze bricht, der kann seine Sachen packen.“
Kritik aus der Opposition
Das Justizministerium kündigte außerdem zusätzliche Abschiebemaßnahmen für Ausländer an, die schon rechtmäßig verurteilt sind und ihre Strafhaft in britischen Gefängnissen verbüßen. Sie sollen künftig schon nach der Verbüßung von 30 Prozent ihrer Strafe in ihre Heimatländer abgeschoben werden können; bislang galt eine Mindestdauer von 50 Prozent. Zudem wird ihnen dauerhaft die Rückkehr nach Großbritannien verwehrt. „Terroristen, Mörder und andere lebenslänglich Verurteilte“ müssen weiterhin ihre gesamte Strafe in Großbritannien verbüßen.
Die Justizministerin gab an, seit dem Amtsantritt der Labour-Regierung vor einem Jahr seien 5200 straffällige Ausländer abgeschoben worden; das sei eine Steigerung von 14 Prozent gegenüber dem gleichen vorhergehenden Zeitraum. Die neuen Abschieberegeln entlasteten die Gefängnisse, die in England und Wales bis zur Kapazitätsgrenze gefüllt sind. Nach Angaben des Justizministeriums sind gegenwärtig zwölf Prozent der Gefangenen ausländische Straftäter.
Die konservative Oppositionspartei kritisierte die angekündigten Maßnahmen als nicht weitgehend genug. Schatteninnenminister Chris Philp sagte am Montag, selbst nach dieser Kehrtwende bleibe seine Partei die einzige, die sämtliche ausländischen Kriminellen abschieben wolle.
Der rechtspopulistische Anführer der Partei Reform UK, Nigel Farage, hatte vor Wochen schon vorgeschlagen, Großbritannien solle dem Beispiel Amerikas folgen und ausländische Straftäter in Drittländer bringen, damit sie dort ihre Haft verbüßen könnten. Farage wollte 10.000 Häftlinge auf diese Weise an andere Länder abgeben.