Deutsche Forscher beweisen
Ein Teil des Gehirns bleibt im Alter erstaunlich fit
12.08.2025 – 11:24 UhrLesedauer: 2 Min.

Dass das Gehirn im Alter schrumpft, ist bekannt. Forscher berichten nun aber: Das geschieht nicht gleichmäßig. Entscheidend sei, wie wir es fordern.
Das menschliche Gehirn verliert mit den Jahren an Volumen, doch nicht in allen Bereichen gleich schnell. Eine neue Studie zeigt: Manche Schichten der Hirnrinde bleiben auch im Alter stabil oder werden sogar dicker.
Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), der Universitäten Magdeburg und Tübingen haben den für den Tastsinn zuständigen Teil der Hirnrinde, den sogenannten primären somatosensorischen Cortex, bei rund 60 Menschen zwischen 21 und 80 Jahren untersucht. Mit einem hochauflösenden MRT-Scanner konnten sie erstmals Gewebeschichten in Sandkorngröße sichtbar machen.
Die Hirnrinde ist nur wenige Millimeter dick und besteht aus mehreren hauchdünnen Schichten, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Bisher wurde sie beim Altern meist als Ganzes betrachtet. Die neue Untersuchung zeigt jedoch: Während tiefe Schichten im Alter dünner werden, bleiben die mittlere und die obere Schicht erstaunlich stabil – teils sogar dicker. Vermutlich, so die Forscher, weil sie im Alltag stärker beansprucht werden und ihre Funktionalität so erhalten bleibt.
Die mittlere Schicht empfängt direkt die Signale des Tastsinns, die obere koordiniert Bewegungen, etwa das Zusammenspiel der Finger beim Greifen. Tiefe Schichten modulieren Reize je nach Kontext, wie bei einem Ring am Finger, den man nach kurzer Zeit nicht mehr spürt. Genau diese Fähigkeit lässt im Alter nach. Das erklärt, warum ältere Menschen in lauter Umgebung oder unter Ablenkung mehr Schwierigkeiten mit feinmotorischen Aufgaben haben.
Trotz der altersbedingten Ausdünnung entdeckte das Team in den tiefen Schichten einen höheren Gehalt an Myelin, einer Substanz, die Nervenimpulse schneller weiterleitet. Das könnte ein Zeichen für Kompensationsmechanismen sein: Bestimmte Nervenzellen vermehren sich, um den Funktionsverlust abzufedern. Studien an Mäusen zeigen allerdings, dass dieser Effekt im sehr hohen Alter nachlässt.
Die Ergebnisse sprechen für die sogenannte Neuroplastizität: Das Gehirn passt sich an und bewahrt, was regelmäßig gebraucht wird. Fähigkeiten wie das Tippen auf einer Tastatur können daher lange erhalten bleiben, wenn sie ständig genutzt werden. Weniger genutzte Funktionen hingegen bauen schneller ab.
“Insgesamt passen unsere Befunde zur allgemeinen Sichtweise, dass wir unserem Gehirn durch geeignete Stimulation etwas Gutes tun. Ich finde es eine optimistische Vorstellung, dass wir unseren Alterungsprozess ein Stück weit selbst in der Hand haben”, sagte Studienleiterin und Neurowissenschaftlerin Esther Kühn.
Wer also sein Gehirn fordert, ob durch Bewegung, Handarbeit oder Musizieren, kann wichtige Funktionen länger erhalten.