Ukraine-Liveticker: IfW: Europäer beschaffen mehr Militärhilfe über Industrie als USA

8

Europa hat der Ukraine seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs mittlerweile mehr Militärhilfe über die Rüstungsindustrie bereitgestellt als die USA. Wie aus am Dienstag veröffentlichten Zahlen des „Ukraine Support Tracker“ am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht, erreichte das Gesamtvolumen der von europäischen Staaten für die Ukraine über Industrieverträge neu beschafften Rüstungsgüter bis Ende Juni einen Wert von mindestens 35,1 Milliarden Euro – 4,4 Milliarden mehr als der Gesamtwert der von den USA beschafften Gütern.

Den IfW-Daten zufolge beschaffen europäische Staaten mittlerweile fast die Hälfte der Militärhilfe für die Ukraine über die Rüstungsindustrie und nicht mehr aus Lagerbeständen. Von 10,5 Milliarden Euro europäischer Militärhilfe, die im Mai und Juni zugewiesen wurden, sollen demnach mindestens 4,6 Milliarden in Aufträge an Rüstungsunternehmen fließen. Dies entspricht einem Anteil von 43,8 Prozent.

„Europa hat inzwischen mehr über neue Rüstungsverträge beschafft als die USA – das zeigt eine klare Abkehr von der Abgabe aus Lagerbeständen hin zur industriellen Produktion“, erklärte der Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt, Taro Nishikawa. Um eine „pünktliche und wirkungsvolle Lieferung der zugesagten Hilfsleistungen zu gewährleisten“, brauche Europa daher eine starke und belastbare Rüstungsindustrie.

Das Institut verwies darauf, dass die USA zwar erstmals seit Trumps Amtsantritt im Mai wieder größere Rüstungsexporte an die Ukraine geleistet hätten. Dabei handele es sich aber nicht um militärische Hilfsleistungen, sondern um „reguläre Verkäufe, die Kiew selbst finanzieren muss“.

Im Mai und Juni 2025 hielten die Europäer ihre Ukraine-Hilfen auf konstant hohem Niveau. Deutschland habe Militärhilfe in Höhe von fünf Milliarden Euro zugewiesen und leistete damit laut den IfW-Zahlen den mit Abstand größten Anteil.

Das Institut verwies darauf, dass finanzielle Hilfen von den G-7-Staaten in Höhe von etwa 6,3 Milliarden Euro vor allem durch Erlösen aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten finanziert würden. Dieser Mechanismus sei ein „zentrales Instrument, um die finanzielle Stabilität der Ukraine angesichts steigender Wiederaufbaukosten und wirtschaftlicher Belastungen durch den anhaltenden Krieg zu gewährleisten“, erklärte Nishikawa. 

Da die im Oktober 2024 zugesagten Hilfsleistungen nun schrittweise ausgezahlt würden und die verfügbaren Mittel abnähmen, sei es jedoch „fraglich, ob die Geberländer ihr Unterstützungsniveau langfristig aufrechterhalten können“, fügte Nishikawa an.