100-Tage-Bilanz der schwarz-roten Bundesregierung unter Friedrich Merz

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Der als Wirtschaftsfachmann zelebrierte Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Ökonomen enttäuscht. Im März, noch vor der Koalitionsvereinbarung, setzten in der Ökonomenumfrage des Ifo-In­stituts und dieser Zeitung 62 Prozent der befragten Volkswirte darauf, dass eine schwarz-rote Koalition das Wirtschaftswachstum stärken werde. Diese Hoffnung hat sich in den ersten 100 Tagen der Regierung zerschlagen.

Jetzt vermuten nur noch 35 Prozent der Ökonomen, dass die Regierung das Wachstum dauerhaft stärke. Und 26 Prozent gehen davon aus, dass sie mit ihren bisherigen Beschlüssen das Wachstum belaste. Die Diskrepanz binnen weniger Wochen spiegelt, wie sehr die Koalition von den wachstumsfeindlichen Ideen der Sozialdemokraten beherrscht wird und wie wenig die Union sich durchsetzen kann, falls sie denn wollte. Das Versagen mag man mit politischen Zwängen begründen. Es ändert nichts daran, dass die wirtschaftspolitischen Ergebnisse der ersten 100 Tage ernüchternd und bitter sind.

Ökonomen blicken nüchterner auf die langfristigen Folgen

Nun sind Ökonomen in einer Demokratie nicht das Maß aller Dinge. Es wäre wahrscheinlich verheerend, wenn ein Kabinett voller Volkswirte die Geschicke des Landes leiten würde. Als stete Mahner und Warner aber sind Ökonomen – so zerstritten die Zunft untereinander ist – wichtig. Nüchterner als viele andere Berater blicken sie auf die langfristigen Folgen des politischen Tuns.

Als schrilles Warnsignal ist so ernst zu nehmen, was die Ökonomen als besonders misslungen betrachten: die Mütterrente und die Rentenzusagen, die die Finanzlöcher der Rentenkasse vergrößern und auf die Steuerzahler abwälzen – und die ausufernde Schuldenpolitik. Das politische Versagen in beiden Fällen hilft dabei, die Finanzbasis des Staates Schritt für Schritt zu zerrütten. Zugleich aber erschwert die schwarz-rote Renten- und Schuldenpolitik, dass Deutschland sich aus der selbst verschuldeten Wachstumsfalle befreit. Dass Ökonomen diese Gefahr immer wieder betonen, mag ermüden und ist doch geboten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es vier Ökonomen waren, die der schwarz-roten Koalition empfahlen, die Segel in Richtung mehr Schulden zu hissen.