Goldman Sachs, Apple, Intel: Trumps Angriffe zeigen Wirkung

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Der amerikanische Präsident Donald Trump forderte den Chef der Investmentbank Goldman Sachs , David Solomon, dazu auf, seinen Chefvolkswirt zu feuern, dessen Prognosen der Darstellung des Weißen Hauses, dass die USA wirtschaftlich in ein goldenes Zeitalter einmünden, widersprechen. Trump schrieb auf seiner So­cial-Media-Plattform Truth Social, Solomon solle sich „einen neuen Volkswirt besorgen“, weil die Bank „vor langer Zeit eine schlechte Prognose“ zu Markt und Zöllen abgegeben habe. Zölle hätten, so der Präsident, weder die Inflation verursacht noch andere Probleme für die US-Wirtschaft geschaffen. Zudem regte er an, dass sich Solomon besser auf sein altes Hobby als Discjockey konzentrieren solle, statt eine Bank zu führen.

Bei dem attackierten Volkswirt handelt es sich offenbar um Jan Hatzius, der in seinem jüngsten Bericht zum Ergebnis gekommen war, dass Amerikas Verbraucher zwei Drittel der Trump-Zölle tragen werden. Der aus Deutschland stammende Ökonom genießt einen guten Ruf an der Wall Street und gehört zu den wenigen, die vor der Finanzkrise vor den großen Risiken bei Hypothekendarlehen gewarnt hatten.

Die Attacke auf Goldman Sachs kam unerwartet, passt aber ins Muster eines Politikstils, den sich der amerikanische Präsident Donald Trump im Laufe seiner politischen Karriere angeeignet hat. Er schüchtert seine Gegner durch persönliche Beleidigungen und aggressive Forderungen ein, die er über sein Sprachrohr Truth Social oder durch Interviews öffentlich macht und die auf sozialen Medien aufgegriffen werden. Alle Plattformen zusammenaddiert, hat Trump dort 190 Millionen Follower.

Viele attackierte Manager

Die Attackierten schalten in den Krisenmodus und jagen gewöhnlich ihre Lobbyisten los, um das Gespräch zu suchen. Das wird oft gewährt, gelegentlich sogar vom Präsidenten selbst. In diesen Audienzen wird das Machtgefälle deutlich. Die Manager kommen als Bittsteller und bringen nicht selten Geschenke.

Apple-Chef Tim Cook brachte jüngst eine Plakette mit, die auf einem Sockel aus 24-karätigem Gold ruhte, sowie ein gewaltiges Investitionsversprechen. Er konnte vorerst abwenden, dass Apple seine Smartphones in den USA produzieren muss, wie Trump gefordert und gedroht hatte. Trump erzwingt Deals durch diese Methode.

Die Reihe der attackierten Manager und Unternehmer ist inzwischen stattlich. Ein jüngeres Beispiel liefert der Fall des Intel-Chefs Lip-Bu Tan, dessen unverzügliche Ablösung Trump auf Truth Social forderte, wegen seiner Investments und Kontakte in China. Nachdem Intel-Aktien in Reaktion auf die Attacke einbrachen, eilte Tan ins Weiße Haus, um seine Position zu verteidigen. Das Gespräch verlief offenbar gedeihlich, wie Trump verkündete. Von seiner Rücktrittsforderung rückte er vorerst ab. Was Tan als Gegenleistung anbot, ist nicht bekannt.

Neun große Kanzleien stimmten Vergleichen zu

Bei Nvidia war der Fall etwas anders gelagert. Im April hatte die Trump-Regierung plötzlich Exportbeschränkungen für Chips erlassen, die für Künstliche-Intelligenz-Anwendungen geeignet sind. China sollte sie nicht bekommen. Das schreckte die Führungen von Nvidia und der Konkurrenzfirma AMD auf. Sie erreichten nach Gesprächen im Weißen Haus einen ungewöhnlichen, juristisch umstrittenen Deal: Sie dürfen die Chips nach China liefern, müssen aber 15 Prozent der Umsatzerlöse an die US-Regierung abführen.

Die Rohheit der präsidialen Rhetorik bekam jüngst der Bank-of-America-Chef Brian Moynihan zu spüren. Er machte gerade Frühsport auf einem Laufband, als CNBC folgende Aussage von Trump über den Äther sendete: „Brian hat mir den Hintern geküsst, als ich Präsident war. Und dann sagte er: ‚Wir können das nicht machen. Nein, wir können das nicht machen.‘“ Der Präsident behauptete in dem Interview, er habe versucht, ein Konto bei der Bank zu eröffnen und eine Milliarde Dollar einzuzahlen. Auch Versuche bei anderen Instituten seien erfolglos gewesen. Er deutete das als Weigerung der Institute, mit Konservativen Geschäfte zu machen.

Moynihan wurde aufgefordert, auf die Aussage Trumps zu reagieren. Seine Antwort: Der US-Präsident sei „auf der richtigen Spur. Es ist richtig, sich diese Regeln anzusehen, weil sie am Ende des Tages dazu führen, dass Entscheidungen getroffen werden, die man im Rückblick vielleicht anders treffen würde.“

Selbst alte Freunde können sich nicht sicher fühlen

Die Antwort auf die Frage, ob die attackierten Manager ihre Position entschlossen verteidigen oder zurückschlagen, lässt sich damit auch schon erahnen: eher nicht. Und sie haben gute Gründe dafür. Können es sich die Pharmakonzerne leisten, gegen Trumps Forderung, die Preise zu senken, aufzubegehren? Ihr Geschäft ist stark reguliert und macht sie deshalb besonders verwundbar für politische Entscheidungen.

Anders als in seiner ersten Amtszeit sind seine verbalen Drohungen mit Dekreten unterfüttert, die dem attackierten Unternehmen schaden können. Gegen Anwaltskanzleien, die seine Agenda während seiner ersten Amtszeit durch Klagen gebremst hatten, hegt Trump besonderen Groll. Er attackierte sie mit Dekreten. Die Durchführungsverordnungen untersagten Anwälten dieser Kanzleien den Zutritt zu Bundesgebäuden, beendeten die Regierungsaufträge für die Kanzleien, entzogen den Partnern ihre Sicherheitsfreigaben und verpflichteten staatliche Auftragnehmer, offenzulegen, ob sie mit den betroffenen Kanzleien zusammenarbeiten. „Ich denke einfach, dass sich die Anwaltskanzleien benehmen müssen“, sagte Trump auf einer Pressekonferenz Ende März.

Neun große Kanzleien, die in der Vergangenheit durch ihre Unerschrockenheit Werbung für sich gemacht hatten, stimmten Vergleichen zu. Darin verpflichten sie sich, Pro-bono-Fälle im Umfang von zusammen 940 Millionen Dollar für Zwecke zu leisten, die Trump genehm sind. Dass ein Richter einige Dekrete für illegal erklärte, änderte nichts an ihrer Wirkung. Inzwischen meiden einige Anwaltskanzleien Fälle, die gegen Trumps Politik gehen. Das bestätigt die American Bar Association, die nach eigenen Angaben Probleme hatte, rechtliche Vertretung für Klagen gegen die Regierung zu finden.

Trumps Angriffe zeigen Wirkung. Unternehmen versuchen nun mit aller Macht, nicht „woke“ zu erscheinen, um nicht zur Zielscheibe des Präsidenten zu werden. Unternehmen, die nach dem Tod George Floyds und den folgenden Protesten nicht schnell genug Programme zur Steigerung von Diversität, Gleichheit und Inklusivität auf die Beine stellen und darüber reden konnten, schweigen darüber heute, zeigt eine Auswertung von Quartalsberichten durch die Medienplattform Axios.

Selbst alte Freunde, die Trump mit großen Geschenken bedachten, können sich nicht sicher fühlen, wenn sie politisch anderer Meinung sind. Elon Musk schenkte Trump einen Cybertruck und vermutlich einen Wahlsieg durch seine Wahlkampfspenden in dreistelliger Millionenhöhe. Man war ein Herz und eine Seele, bis sich Musk gegen Trumps Haushalts- und Steuerpolitik stellte. Der Präsident drohte damit, die Subventionen und Regierungsaufträge für Musks verschiedene Unternehmen infrage zu stellen. Zuletzt signalisierte Musk wieder Unterstützung für Trumps Politik.