Herr Nölke, Sie haben das Aus der Ampel vor einem Jahr in einer Initiative gefordert. Jetzt ist es so gekommen. Sind Sie zufrieden?
Ja, ich bin froh, dass es vorbei ist. Jeder Tag ohne Ampel ist ein guter Tag. An meiner Haltung hat sich seit dem Koalitionsvertrag nichts geändert.
Folgt man der FDP-Spitze, ist die Partei am Ende programmatisch an SPD und Grünen gescheitert, die Differenzen seien zu groß gewesen. Stimmen Sie zu?
Ja. Ich halte es bloß für ein Problem, das von Anfang an bestanden hat. Man hat die wirtschaftspolitischen Themen nicht in den Koalitionsvertrag verhandelt, dabei wäre das nach 16 narkotisierenden Merkel-Jahren ohne jegliche Reform unbedingt nötig gewesen. Das war der Geburtsfehler der Koalition.
War es der Fehler von Christian Lindner, diese Themen nicht konkreter zu verhandeln?
Ihm alleine ist das nicht anzulasten, am Ende hat es ein Parteitag mit 600 Delegierten, von denen 94 Prozent zugestimmt haben, entschieden. Es tragen viele gemeinsam die Verantwortung.
War es richtig, das Ende der Regierung in der Parteizentrale in Strategiepapieren vorzubereiten?
Es wäre sicherlich einfacher gewesen, das Ganze über eine Mitgliederbefragung zu machen. Man hätte sich damit alle möglichen Manöver sparen können. Am Ende aber ist es unseren Wählern egal, wie diese Regierung geendet ist, sie sind einfach froh, dass sie weg ist. Der Umgang untereinander erinnert an einen Rosenkrieg, das zeigt aus meiner Sicht einfach, dass die Ampel bereits am Ende war, als sie noch regierte. All das spielt aus meiner Sicht eine nachgelagerte Rolle.
Ist die FDP mit Lindner an der Spitze gut aufgestellt für einen Neuanfang?
Ja, er war Spitzenkandidat 2017 und 2021, ich finde es gut und richtig, wenn er nochmal die Verantwortung übernehmen will – auch für die vergangenen Jahre. Er kann klarmachen, wofür die FDP inhaltlich steht und mit ihm hat die FDP ein Gesicht. Es gibt keine ernsthafte Alternative zu ihm.
Warum gibt es aus Ihrer Sicht trotz der Entwicklungen der vergangenen Wochen keine prominenten Stimmen, die sich gegen Lindner aussprechen?
Weil er für die Rückkehr in den Bundestag und den Erfolg der Partei in den vergangenen Jahren steht. Das vergisst man nicht, viele haben ihm viel zu verdanken. Seine Glaubwürdigkeit steht in der Partei nicht infrage.
Was ist entscheidend, damit die FDP es über die Fünf-Prozent-Hürde schafft?
Dass wir in den Umfragen vor der Wahl über fünf Prozent stehen, damit die Menschen nicht denken, ihre Stimme für die FDP wäre verschenkt. Das wird ein entscheidender Punkt. Aber ich bin da optimistisch, denn mit dem Aus der Ampel hat die FDP ihre Freiheit zurückgewonnen, wir können wieder für FDP pur werben, für eine vernünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik. Bis zuletzt mussten wir mit an dem Ast sägen, auf dem unser Land selbst sitzen, das ist nun vorbei. Es geht jetzt darum, unsere industrielle Existenzgrundlage zu schützen.
Gehört zu FDP pur auch, sich Dinge von Elon Musk und Javier Milei abzugucken, wie der Parteichef es zuletzt vorschlug?
Ich halte Milei für einen konsequenten Regierungschef. Er packt die Missstände sehr ernsthaft an, die Inflation geht in Argentinien massiv zurück – seine Politik zeigt Wirkung. Vielen linken Gruppen in Deutschland gefällt das natürlich nicht, das stört mich aber nicht weiter. Ähnlich sehe ich es bei Elon Musk. Ich bin gespannt, wie er in die künftige Regierung hineinwirkt, aber ich kann mir vorstellen, dass es ihm gelingt, die USA auf Effizienz zu trimmen. Wenn in den USA ein echter wirtschaftlicher Fortschritt gelingt, könnten auch wir davon profitieren, ich finde Lindners Aussage zutreffend.
Sollte die FDP im Wahlkampf aus Ihrer Sicht versuchen, auch der AfD Stimmen abzujagen?
Wir müssen insgesamt stärker werden. Wo wir die Stimmen her bekommen, ist egal. Extreme Parteien wie die AfD macht man nicht durch Demonstrationen klein, sondern dadurch, dass man die Probleme löst, wegen der sie gewählt werden. Nur weil der Falsche das Richtige sagt, wird das Richtige nicht falsch, damit haben viele Politiker ein Problem. Wir sollten es anders machen. Die entscheidenden Wahlkampfthemen werden die innere Sicherheit und die Wirtschaft sein, und hier hilft Klarheit.
Haben Sie in den vergangenen drei Jahren auch mal in Erwägung gezogen, aus der FDP auszutreten?
Nein. Ich habe immer versucht den Anteil der Partei, mit dem ich mich nicht identifizieren konnte, innerparteilich zu ändern. Eine 100-prozentige Zufriedenheit gibt es sowieso nie.