EU stärkt Ukraine im Gastransit-Streit mit Slowakei

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Im Gastransit-Streit zwischen der Ukraine und dem EU-Mitglied Slowakei stärkt die Europäische Kommission Kiew den Rücken. Eine Sprecherin der Kommission in Brüssel machte klar, dass die EU auf den Stopp des Transits russischen Gases durch das kriegsgeplagte Land vorbereitet sei; die europäische Gasinfrastruktur sei flexibel genug, um Gas nichtrussischen Ursprungs über alternative Routen nach Mittel- und Osteuropa zu liefern. Derweil sicherte Bundeskanzler Olaf Scholz der Ukraine weitere Unterstützung in ihrem Abwehrkampf gegen Russland zu.

Die Ukraine, die sich seit fast drei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg wehrt, stellt mit Jahresbeginn den Transit von russischem Gas ein. Ein entsprechender Transitvertrag läuft aus, Kiew hatte lange im Voraus angekündigt, ihn nicht zu verlängern. Mitte Dezember hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigt, sein Land werde es Russland nicht ermöglichen, „zusätzliche Milliarden“ mit „unserem Blut“ zu verdienen.

Der Stopp der Durchleitung stellt in der EU die Slowakei vor Probleme, die einen langfristigen Vertrag mit der russischen Konzern Gazprom hat, sowie auch das Nicht-EU-Mitglied Moldau. Im Jahr 2023 deckten die EU-Mitgliedstaaten weniger als zehn Prozent ihres Erdgasbedarfs mit Lieferungen aus Russland, 2021 waren es noch über 40 Prozent gewesen.

Fico warnte vor „verstärkten Spannungen“

Der slowakische Regierungschef Robert Fico hatte der Ukraine am Freitag gedroht, sein Land könne im Gegenzug die Lieferung von Strom stoppen. Am Sonntag schrieb er in einem Brief an die EU-Kommission, die „stillschweigende Akzeptanz der einseitigen Entscheidung“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyjs, den Transit von russischem Gas zu unterbinden, sei falsch und irrational und werde zu „verstärkten Spannungen und gegenseitigen Maßnahmen“ führen. Seiner Einschätzung nach würde die Unterbrechung des Gastransports der EU mehr schaden als Russland.

Die Sprecherin der EU-Kommission sagte dazu: „Die Auswirkungen des Endes des Transits über die Ukraine auf die Versorgungssicherheit der EU sind begrenzt.“ Die Behörde arbeite in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten seit mehr als einem Jahr an der Vorbereitung auf ein Szenario ohne den Transit russischen Gases durch die Ukraine und an der Sicherstellung alternativer Lieferungen für die betroffenen Mitgliedstaaten. Europas Gasinfrastruktur sei unter anderem durch erhebliche Importkapazitäten von Flüssiggas (LNG) verstärkt worden.

Kompliziertes Gasleitungsnetz
Kompliziertes GasleitungsnetzF.A.Z.

Am Dienstag teilte das slowakische Wirtschaftsministerium mit, es drohe kein Gasmangel, wenn die Ukraine den Transit russischer Lieferungen über ihr Territorium stoppe. Man verfüge über genügend Gasspeicher und alternative Lieferungen für 2025, werde aber zusätzliche 177 Millionen Euro an Gebühren für alternative Routen zahlen müssen.

Bundeskanzler Scholz sagte in seiner Neujahrsansprache, viele in Deutschland blickten mit einem Gefühl wachsender Beklemmung auf Russlands brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Ich versichere Ihnen, dass wir die Ukraine nicht alleine lassen und weiter unterstützen wie niemand sonst in Europa – und dass wir weiter kühlen Kopf bewahren, damit der Krieg sich nicht ausweitet.“

Selenskyj: US-Hilfen stärken Front

Der ukrainische Präsident Selenskyj bedankte sich in seiner abendlichen Videoansprache für die jüngsten milliardenschweren US-Hilfen. „Dies wird in naher Zukunft die Front stärken, uns helfen, russische Angriffe abzuwehren, und die Ukraine bei der Rettung von Menschenleben unterstützen“, sagte er. Diese Unterstützung komme zu einem entscheidenden Zeitpunkt, da Russland seine Angriffe intensiviere, sogar nordkoreanische Soldaten einbeziehe und weiterhin Waffen aus Nordkorea und Iran erhalte.

Kurz vor Jahresschluss hatte die scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden der Ukraine noch einmal milliardenschwere Hilfen zugesagt. Der Präsident selbst kündigte Militärhilfen im Wert von knapp 2,5 Milliarden US-Dollar (2,36 Mrd. Euro) an. Sie umfassen zum einen Waffen und Munition im Wert von 1,25 Milliarden US-Dollar für das ukrainische Militär sowie weitere 1,22 Milliarden US-Dollar Sicherheitshilfe.

Zudem kündigte US-Finanzministerin Janet Yellen an, der Ukraine 3,4 Milliarden US-Dollar (3,27 Milliarden Euro) als Haushaltshilfe auszuzahlen. Bei den von Biden und Yellen angekündigten Summen handelt es sich um Mittel, die bereits vom US-Kongress freigegeben wurden. Zusätzlich begann die Auszahlung eines US-Kredits an die Ukraine über 15 Milliarden US-Dollar als Teil eines großen Hilfspakets der G7.