Rettet Donald Trump seinen Speaker Mike Johnson?

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Gleich konstituiert sich in Washington der neue Kongress. Die Abgeordneten im Repräsentantenhaus müssen zunächst ihren Sprecher wählen – immerhin das dritthöchste Amt in Washington. Auch Donald Trump dürfte die Abstimmung gespannt verfolgen, denn der republikanische Amtsinhaber Mike Johnson kann sich seiner Wiederwahl nicht sicher sein.

Warum muss Johnson bangen?

Die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus sind äußerst knapp. Um als „Speaker“ wiedergewählt zu werden, braucht Johnson die Unterstützung von 218 Abgeordneten. Mit den Stimmen der 215 Demokraten ist nicht zu rechnen. Wegen des Rücktritts des Abgeordneten Matt Gaetz nach dessen kurzzeitiger Nominierung für das Amt des Justizministers im November darf Johnson nur zwei Stimmen aus seiner Fraktion verlieren; der Abgeordnete Thomas Massie aus Kentucky hat schon angekündigt, gegen Johnson zu stimmen. Einige Abgeordnete wollten vor der Wahl nicht preisgeben, ob sie Johnson bei der Wahl unterstützen.

Johnson war in den vergangenen Wochen im Zuge der Verhandlungen über einen Übergangshaushalt vor allem beim rechten Flügel der Partei abermals in Ungnade gefallen. Fiskalkonservative störten sich daran, dass der Sprecher mit den Demokraten ein sehr umfassendes Ausgabenpaket vereinbart hatte, um die Weiterfinanzierung der Bundesregierung zu garantieren, also einen „Shutdown“ zu vermeiden.

Im vorigen Jahr hatte Johnson schon den Ärger vieler Republikaner aufs ich gezogen, als er mit Hilfe von Demokraten ein 95-Milliarden-Dollar Programm durch den Kongress brachte, das in wesentlichen Teilen der Unterstützung der Ukraine diente.

Kann Trump mit einem Speaker Johnson durchregieren?

Als Johnson nach heftigen Turbulenzen im Oktober 2023 als eine Art Kompromisskandidat zum Nachfolger des von der eigenen Fraktion gestürzten Sprechers Kevin McCarthy gewählt wurde, galt das als ein Erfolg für Trump. Denn der Jurist Johnson hatte Trump in dessen ersten Amtsenthebungsverfahren ebenso unterstützt wie bei den Versuchen nach der verlorenen Präsidentenwahl 2020, den Sieg des Demokraten Joe Biden vor Gericht für ungültig erklären zu lassen.

Johnson bemühte sich um Trumps Unterstützung. Einen fertig ausgehandelten Kompromiss mit Biden und den Demokraten im Senat für eine Verschärfung der Migrationspolitik ließ er auf Geheiß des Präsidentschaftskandidaten fallen. In der Ukrainepolitik dagege hatte er sich vom Trump-Lager distanziert und die von Biden geforderten Milliardenhilfen durchgesetzt.

Im Haushalts-Streit kurz vor Weihnachten spitzte sich der Streit mit Trump zu. Der gewählte Präsident hatte mit seiner Forderung nach einer Aussetzung oder gar Aufhebung der Schuldenobergrenze den von Johnson ausgehandelten Gesetzentwurf torpediert und Johnson so geschwächt. Im Ergebnis führte das zwar zu einem sehr viel schlankeren Ausgabengesetz, nicht aber zur Aufhebung der Schuldengrenze. Nach dieser Niederlage war lange unklar, ob Trump einen anderen Kandidaten unterstützen würde. Offenbar verspricht er sich nun aber mit Johnson die beste Chance, die in vielen Fragen zerstrittene Republikaner-Fraktion beisammenzuhalten.

Und wenn niemand eine Mehrheit bekommt?

Ohne einen „Speaker“ kann das Repräsentantenhaus nicht arbeiten. Die im November gewählten Abgeordnetn können nicht einmal vereidigt werden, also auch keine Gesetzentwürfe einbringen, Ausschüsse bilden oder Abstimmungen abhalten. Die Gesetzgebung käme damit praktisch zum Erliegen. Bis ein neuer Speaker gewählt ist, übernimmt zwar ein „Speaker pro tempore“ – ein vorübergehend ernanntes Mitglied des Repräsentantenhauses – die Leitung der Sitzungen. Er hat aber keine weitreichenden Befugnisse.

Schon vor zwei Jahren wurde dieses Szenario Wirklichkeit. Bei der Sprecherwahl konnte sich der vorherige Anführer der republikanischen Minderheitsfraktion Kevin McCarthy erst im 15. Wahlgang durchsetzen.

Sollte bis Montag kein Sprecher gewählt werden, hätte dies wohl auch Auswirkungen auf die Zertifizierung des Wahlergebnisses der US-Präsidentenwahl. Sie steht am 6. Januar an. Abgeordnete und Senatoren treffen sich dann in einer gemeinsamer Sitzung, wo das Abstimmungsergebnis der Wahlleute eines jeden Bundesstaates verlesen wird. Ob dies auch ohne einen „Speaker“ ginge, ist mindestens umstritten. Viel Zeit ist nicht: Am 20. Januar steht die Amtseinführung Donald Trumps an.

Kann es am Ende Elon Musk werden?

Als Alternative läge die Nummer zwei der Fraktion, Steve Scalise, nahe. Auch die Abgeordneten Jim Jordan und Tom Emmer sind im Gespräch; beide hatten schon nach der Absetzung McCarthys kandidiert, scheiterten aber.

Der republikanische Senator Rand Paul hat bereits den Unternehmer und Trump-Vertrauten Elon Musk ins Gespräch gebracht. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene schrieb auf X, sie sei offen für den Vorschlag. Um Musks Vorhaben umzusetzen und echte Regierungseffizienz zu erreichen, müsse der Kongress in die Schranken gewiesen werden. Theoretisch wäre es möglich – ein „Speaker“ muss nicht dem Kongress angehören. Als realistisch gilt eine Mehrheit für einen Speaker Musk allerdings nicht.